SPD-Chef Müntefering von "Denkzettelwahl" nicht überrascht

Berlin. Wer an diesem Abend ins Berliner Willy-Brandt-Haus gekommen ist, der weiß, dass er keiner Siegesfeier beiwohnen wird. Klaas Hübner, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, gibt sich auch gar keine Mühe, die miese Stimmung zu verbergen

Berlin. Wer an diesem Abend ins Berliner Willy-Brandt-Haus gekommen ist, der weiß, dass er keiner Siegesfeier beiwohnen wird. Klaas Hübner, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, gibt sich auch gar keine Mühe, die miese Stimmung zu verbergen. Noch bevor auf dem TV-Schirm die erste Prognose über den Ausgang der Hessen-Wahl erscheint, spricht er von einem "bitteren Ergebnis, das uns aber nicht hoffnungslos macht". Um 18 Uhr wirkt das Publikum trotzdem wie paralysiert. Nicht einmal die prognostizierte Magerkost von 25 Prozent wollten die Hessen den Genossen zubilligen.

Gleich zwei Mal ist die Parteichefin Andrea Ypsilanti mit ihren rot-roten Plänen gegen die Wand gelaufen. Die Niederlage kennt dann auch nur einen Namen - und eine denkwürdige Reaktion: Als Andrea Ypsilanti gegen 18.30 Uhr fernsehöffentlich die "politische Verantwortung" für ihr angerichtetes Desaster übernimmt und den Rückzug von allen Ämtern ankündigt, gibt es zum ersten Mal an diesem Abend starken Beifall im Willy-Brandt-Haus.

Parteichef Franz Müntefering (Foto: dpa) war über Ypsilantis Kapitulation schon vorher im Bilde. Deshalb hat er abgewartet, um schließlich selbst ins Atrium zu kommen und das Wort zu ergreifen. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier lässt sich erst gar nicht blicken. Ja, das sei eine "Denkzettelwahl" gewesen, ruft Müntefering dem Parteivolk zu. Aber eben auch "nicht überraschend". Von einem Mentekel für die weiteren Urnengänge bis hin zur Bundestagwahl will der Sauerländer nichts wissen.

In der Parteizentrale der Linken ein paar Kilometer weiter herrscht derweil Riesen-Erleichterung. Die anfänglich wackligen fünf Prozent werden im Laufe des Abends stärker, sodass der Wiedereinzug in den Wiesbadener Landtag gesichert ist. Die Linke sei nun ein "konstanter Faktor", freute sich Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi. vet

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