Schäuble will 2017 die Steuern senken

Berlin · Union und SPD steuern auf schwierige Beratungen über den Etat für das Wahljahr 2017 zu. Fest steht schon jetzt, dass die Koalition im nächsten Jahr die Steuern senkt – allerdings nicht freiwillig.

Den Auftakt in der sogenannten Haushaltswoche des Bundestages bestreitet traditionell der Finanzminister. Wolfgang Schäuble (CDU ) nutzte gestern die Gelegenheit gleich für eine Art Regierungserklärung, in der er auch eine Steuerreform ankündigt - allerdings erst nach 2017.

Angela Merkel (CDU ) und Sigmar Gabriel (SPD ) plaudern locker und entspannt, als hätte es nie ein böses Wort des Vizekanzlers über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gegeben. Merkel ist erst vor ein paar Stunden mit Schäuble vom G-20-Gipfel aus China zurückgekehrt. Nun sitzt man im Bundestag, der sich mit dem Haushaltsentwurf für 2017 beschäftigt. Viele Zahlen, eine Routinedebatte, sollte man meinen. Doch diesmal kommt es etwas anders.

"Wir leben in widersprüchlichen Zeiten", erklärt Schäuble. Einerseits gehe es Deutschland wirtschaftlich so gut wie nie. Andererseits machten sich viele Menschen wegen der Globalisierung und der Flüchtlingskrise Sorgen um die Zukunft. Schäuble spricht von Attentaten, Krisen und Kriegen und von einer "Zeit für Demagogen". Deshalb müsse man jetzt beweisen, dass die Integration der Flüchtlinge gelingen könne und die Sicherheitsrisiken unter Kontrolle gebracht würden, sagt Schäuble. Es entsteht der Eindruck, als spreche da einer über Dinge, die eigentlich die Kanzlerin thematisieren müsste. Als spreche hier ein Ersatz-Kanzler. Schäuble verfolgt damit allerdings auch eine andere, ganz eigene Botschaft: Seht her, in diesen unsicheren Zeiten ist wenigstens der Bundeshaushalt ein Hort der Stabilität. Tatsächlich: Zum vierten Mal in Folge kommt der Etat ohne neue Schulden aus. Mehr als die Hälfte der Ausgaben gehen wieder in den Sozialbereich. Auch bei den Investitionen sieht Schäuble keine Versäumnisse. Sie seien um zwei Milliarden Euro gestiegen.

Dass dies immer noch viel zu wenig sei, wird hinterher die Opposition feststellen. Doch auch Redner der SPD gehen den Kassenwart zum Teil frontal an: Von "vier verlorenen Jahren" spricht etwa ihr Finanzexperte Carsten Schneider im Hinblick auf Schäubles Steuerpolitik. Tatsächlich hatte der Christdemokrat von Steuersenkungen lange Zeit nichts wissen wollen. Nun zwingen ihn die sprudelnden Steuerquellen zum Umdenken. In seiner Rede stellt Schäuble zunächst einmal für 2017 Entlastungen beim Kindergeld , beim Grund- und Kinderfreibetrag sowie bei der kalten Progression in Aussicht. Dazu ist er allerdings zum größten Teil wegen der gesetzlichen Auflagen zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums sowieso verpflichtet. Aus diesem Grund wurde das Kindergeld schon zu Jahresbeginn minimal von 188 auf 190 Euro erhöht. Ähnlich geringfügig dürfte die nächste Anpassung ausfallen.

Wirklich spürbare Erleichterungen peilt Schäuble erst nach 2017 an, also nach der nächsten Bundestagswahl. Dann habe man einen Steuersenkungsspielraum von etwa 15 Milliarden Euro, mit denen kleine und mittlere Einkommen entlastet werden sollten, so der Minister. "Das ist ein bisschen spät", muss er sich von SPD-Mann Schneider dann auch anhören.

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