„Aggressiv und fordernd“ Saar-Ärzte wollen Meldestelle für Patienten-Gewalt

Saarbrücken · Die Aggressivität nimmt zu, der Respekt nimmt ab: Die Ärzteschaft im Land sieht Handlungsbedarf und fordert unter anderem härtere Strafen.

 Gunter Hauptmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung im Saarland.

Gunter Hauptmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung im Saarland.

Foto: Iris Maria Maurer

(SZ/dpa) Angesichts zunehmender Gewalt gegen Ärzte und Mitarbeiter in vielen deutschen Praxen schlägt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Saarland, Gunter Hauptmann, ein anonymes Meldesystem für entsprechende Vorfälle vor. Dies würde die Hemmschwelle, Angriffe anzuzeigen, herabsetzen, sagte Hauptmann der SZ. Zwar könnten bereits heute Mediziner solche Fälle melden, aber eben nicht anonym. Dem „Ärztemonitor“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung von 2018 zufolge hat bereits jeder vierte niedergelassene Arzt Erfahrungen mit körperlicher Gewalt von Patienten gemacht. Genauere Zahlen gibt es bislang noch nicht, auch die polizeiliche Kriminalstatistik weist dies nicht gesondert aus.

Dass Gewalt gegenüber Ärzten und ihren Mitarbeitern auch im Saarland ein Problem ist, zeigt laut Landesärztekammer-Chef Josef Mischo eine Befragung aus dem Jahr 2015. Damals berichteten 50 Prozent von 220 befragten Ärzten von Gewalterfahrungen. Allerdings sei die Umfrage, die bei einer Fachtagung im Gesundheitsministerium vorgestellt wurde, angesichts von rund 6000 niedergelassenen Ärzten im Saarland nicht repräsentativ, betont Mischo und spricht von einem „eher gefühlten Problem“.

Um verlässliche Zahlen zu erhalten, führt die Universität Fulda seinen Angaben nach seit Mai vergangenen Jahres eine Studie durch, deren Ergebnisse allerdings noch nicht vorlägen. Fest steht für den Ärztekammer-Chef aber: „Die Patienten werden zunehmend ungeduldig und fordernd.“ Das zeige sich vor allem bei den ärztlichen Bereitschaftsdiensten nachts und an den Wochenenden. KV-Vorstand Hauptmann geht sogar noch weiter. „Die Missachtung der Ärzteschaft nimmt zu“, findet er und berichtet von zwei in jüngster Zeit gemeldeten Fällen bei den hiesigen Bereitschaftsdiensten, wo Familienclans „äußerst aggressiv und fordernd“ aufgetreten seien.

Hauptmann und Mischo fordern vom Gesetzgeber, Angriffe auf Ärzte und ihre Mitarbeiter künftig gesondert unter Strafe zu stellen und sie in den neu geschaffenen Paragrafen 115 des Strafgesetzbuchs aufzunehmen. „Ich kann nicht verstehen, warum dort Mitarbeiter von Rettungsdiensten aufgeführt sind und Ärzte und ihre Helfer nicht“, erklärt Mischo.

Auch der Verband medizinischer Heilberufe verlangt eine Verschärfung des Strafrechts. Allerdings müssten auch Arbeitgeber der Schutzfunktion gegenüber ihren Angestellten besser nachkommen.

Um Ärzte und ihre Mitarbeiter vor Patienten-Gewalt besser zu schützen, bietet die Landesärztekammer Beratungen, Deeskalations- und Selbstverteidigungskurse, Sicherheitstrainings und Kommunikationskurse an. Allerdings sei die Nachfrage danach zuletzt zurückgegangen, sagt Mischo.

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