Mindestlohn für Millionen Bürger kommt

Berlin · Ein zentrales Projekt der großen Koalition ist spruchreif: Union und SPD haben sich beim Streit-Thema Mindestlohn geeinigt. Ab Januar liegt die Lohnuntergrenze bundesweit bei 8,50 Euro pro Stunde, Ausnahmen gibt es kaum.

Millionen Bundesbürger sollen ab Anfang 2015 mehr Geld in der Tasche haben: Der flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde kommt, und es wird nur wenige Ausnahmen geben. Damit hat sich die SPD im Streit um ihr Prestige-Projekt weitgehend durchgesetzt. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sprach von einer "guten Nachricht" und gab den Gesetzentwurf zur Abstimmung mit den anderen Ministerien frei.

Das Konzept sieht vor, dass lediglich Jugendliche unter 18 Jahren, Ehrenamtler und Langzeitarbeitslose von der Lohnuntergrenze ausgenommen werden. "Wir wollen, dass Langzeitarbeitslose keine Nachteile haben", sagte Nahles. Wenn Firmen Bewerber einstellen, die länger als ein Jahr ohne Job waren, sollen sie Lohnkosten-Zuschüsse erhalten. Tarifvertragliche Regelungen dürfen die Marke von 8,50 Euro noch bis Ende 2016 unterschreiten; danach soll die Lohnuntergrenze flächendeckend gelten. Nach Angaben von SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel profitieren vier Millionen Menschen in Deutschland von der neuen Regelung. Das Institut für Arbeit und Qualifikation an der Uni Duisburg-Essen errechnete sogar mehr als sechs Millionen Begünstigte. 2012 hätten in Deutschland rund 6,6 Millionen Menschen weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient, heißt es in einer Studie des Instituts, die gestern vorgestellt wurde.

Nach Angaben des Münchner Ifo-Instituts gefährdet die Neuregelung bis zu 900 000 Arbeitsplätze. Vor allen diejenigen, die heute ergänzend zu ihrem Verdienst Arbeitslosengeld II beziehen, seien davon betroffen. Diese so genannten Aufstocker hätten kaum etwas vom Mindestlohn, sagte Ifo-Experte Ronnie Schöb. Für einen Alleinstehenden, der bisher fünf Euro Stundenlohn habe, steige das Netto-Einkommen wegen der Verrechnung mit dem ALG II nur um 6,1 Prozent (60 Euro). Für den Arbeitgeber aber schnellten die Arbeitskosten um 70 Prozent hoch. Die Wirtschaft erneuerte derweil ihre Forderung nach einer höheren Altersgrenze für junge Beschäftigte. > , : Meinung

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