Höcke-Rede beschäftigt Verfassungsschutz

Berlin/Saarbrücken · Wird die AfD zum Fall für den Verfassungsschutz? Nach der Entrüstung über die Rede des AfD-Politikers Höcke zum Umgang der Deutschen mit dem Holocaust-Gedenken sind nicht nur SPD-Politiker dafür. Und die Behörden?

Nach der heftig kritisierten Rede des AfD-Politikers Björn Höcke zum Umgang mit dem Holocaust-Gedenken werden Forderungen laut, die Partei vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte gestern, der Rechtsstaat dürfe sich nicht an der Nase herumführen lassen. "Die AfD muss endlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden." Die AfD habe die NPD "als Sammelbecken für rechtsradikale Hetzer endgültig abgelöst", twitterte der Vizekanzler. Den Verfassungsschutz brachte auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU ) ins Spiel. "Der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD insgesamt und auf einzelne Personen aus der AfD haben", sagte er der "Rhein-Neckar-Zeitung". "Wenn die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, muss schnell gehandelt werden."

Das Bundesamt für Verfassungsschutz äußerte sich gestern nicht. Thüringens Verfassungsschützer will nach einem Bericht der "tageszeitung" die Höcke-Rede zumindest unter die Lupe nehme. "Wir prüfen die Rede und die Reaktionen darauf in der Partei", sagte Behördenchef Stephan Kramer.

Höcke hatte am Dienstag offensichtlich mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin in einer Rede in Dresden gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat" - und damit für Empörung gesorgt. Der Thüringer Partei- und Fraktionschef der AfD wies später "bösartige und bewusst verleumdende Interpretationen" seiner Rede zurück.

Saar-AfD-Landeschef Josef Dörr wollte sich nicht direkt zur Rede Höckes äußern. In der AfD "haben wir vereinbart, über Aussagen von Parteifreunden keine Kommentare loszulassen. Da halte ich mich dran." Höckes Begriff einer "erinnerungspolitischen Wende" griff er auf Nachfrage nicht auf. "Ich benutze meine eigenen Worte. Ich bin als ehemaliger Geschichtslehrer dafür, dass man den Unterricht über die ganze Zeit macht, von der Antike bis zum Jahr 2017. Da gibt es keinen Grund, Dinge auszublenden, wie zum Beispiel große Leistungen deutscher Wissenschaftler oder Musiker, und es gibt keinen Grund Dinge auszublenden, die nicht so vorteilhaft sind für unser Volk." Er habe "gelernt, dass man sich nicht in Schlagwörtern verheddern soll". Ob Höcke im Landtagswahlkampf ins Saarland kommt, war gestern bei der Saar-AfD nicht zu erfahren. Dörr sagte aber auf die Frage, ob er einen Auftritt begrüßen würde: "Wir sind für jeden dankbar, der die Diskussion bereichert." Auf die Frage, ob er sich eine Höcke-Rede wie in Dresden wünschen würden, sagte er: "Das Saarland ist nicht Dresden, hier würde er mit Sicherheit eine andere Rede halten als in Dresden."

Deutschlandweit wurde Thüringens AfD-Chef weiter heftig kritisiert. Nach Meinung des Zentralrats der Juden zeigt die AfD "mit diesen antisemitischen und in höchstem Maße menschenfeindlichen Worten ihr wahres Gesicht". Die Evangelische Kirche erklärte, sie sei nicht zu Gesprächen mit der AfD bereit. "Es gibt bestimmte Haltungen, die mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar sind", sagte der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Dazu gehörten Rassismus und Antisemitismus.

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