Flugzeugabsturz im Krisenland Mali löst Spekulationen aus

Algier/Paris · Die US-Luftaufsichtsbehörde FAA führt den afrikanischen Staat Mali als eines der Länder, in denen Flugzeugen Gefahr von Raketen droht. Jetzt stürzte in dem Krisenstaat eine vor allem mit Franzosen besetzte Maschine ab.

Der Absturz eines Passagierflugzeugs über dem westafrikanischen Krisenstaat Mali hat gestern beunruhigende Ungewissheit über die Unglücksursache ausgelöst. War es ein technischer Defekt? Ein Pilotenfehler? Ein Attentat? Ein Unwetter? Oder vielleicht sogar ein Abschuss wie in der Ukraine?

Auch wenn es zunächst keinerlei Hinweise auf einen Terrorakt gab, wollte niemand ein Verbrechen gegen die Maschine ausschließen. "Wir können, wir dürfen keine Hypothese ausschließen, bevor wir nicht alle Informationen haben", sagte der französische Außenminister Laurent Fabius. Zu oft hatte es zuletzt Anschlagsdrohungen gegen Frankreich gegeben, das in Mali seit anderthalb Jahren federführend an einem Militäreinsatz gegen aufständische Islamisten beteiligt ist. Die Maschine, in der auch vier Deutsche saßen, war mit 51 Franzosen besetzt. Zudem waren unter anderem 24 Passagiere aus Burkina Faso, acht Libanesen, jeweils sechs Algerier, fünf Kanadier sowie zwei Luxemburger an Bord. Die sechs Besatzungsmitglieder stammten aus Spanien. Einige Identitäten waren noch offen. Insgesamt waren 116 Menschen in dem Flugzeug. Ihr Schicksal blieb zunächst unklar.

Die Regierung in Paris hatte sich zunächst äußerst wortkarg gegeben. Bis zum späten Nachmittag wollte sie nicht einmal bestätigen, dass die Maschine vom Typ McDonnell Douglas MD-83 überhaupt abgestürzt ist. Angesichts der 51 französischen Passagiere trat Frankreichs Präsident François Hollande jedoch gestern Abend vor die Presse. Er verschob eine lange geplante Reise in französische Überseegebiete im Indischen Ozean. "Alles deutet darauf hin, dass dieses Flugzeug abgestürzt ist", sagte er.

Die abgestürzte Maschine gehört zur Flotte der spanischen Fluggesellschaft Swiftair und wurde von Air Algérie geleast. Flug AH5017 war auf dem Weg von der Hauptstadt Burkina Fasos, Ouagadougou, in die algerische Hauptstadt Algier , als rund 50 Minuten nach dem Start der Funkkontakt abriss. Den letzten Kontakt habe es mit einem Kontrollturm im nahe gelegenen Niger gegeben, hieß es. Es gab Hinweise, dass der Pilot wegen einer Schlechtwetterfront von der eigentlichen Flugroute abwich.

Frankreich ließ unter anderem mit zwei Kampfflugzeugen vom Typ Mirage 2000 nach Trümmern der Maschine suchen. Am späten Abend teilte der malische Präsident Ibrahim Boubacar Keita mit, dass das Wrack zwischen Kidal and Tessalit weit im Norden des Landes entdeckt worden sei. In der nahe gelegenen Region um Gao hatte es noch vor kurzem heftige Kämpfe zwischen Anti-Terror-Truppen und Rebellen gegeben. Erst vor rund einer Woche starb in dem Wüstengebiet ein französischer Soldat bei einer Aufklärungsoperation.

Spekulationen über einen möglichen Abschuss wurden vor allem von seit langem kursierenden Berichten über im libyschen Bürgerkrieg verschwundene Boden-Luft-Raketen genährt. Die US-Luftaufsichtsbehörde FAA führt Mali als eines der Länder, in denen Flugzeugen Gefahr von solchen Waffen droht. Nicht unbedingt für Beruhigung sorgten zudem Aussagen der französischen Luftaufsichtsbehörde DGAC. Demnach wurde die Unglücksmaschine erst vor wenigen Tagen in Marseille untersucht. Man habe quasi nichts gefunden, erklärte DGAC-Chef Patrick Gandil. Das Flugzeug sei in einem guten Zustand gewesen, sagte er.

Was auch immer sich letztendlich als Absturzursache herausstellt - für Frankreich ist die Flugzeugkatastrophe schon jetzt die schlimmste seit dem Pfingstmontag 2009. Damals waren bei dem Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik 72 Franzosen ums Leben gekommen. An mehreren französischen Flughäfen wurden gestern für Angehörige des Fluges AH5017 Anlaufstellen eingerichtet.

"Wir stehen fest an der Seite der Familien, die von diesem Drama betroffen sind", kommentierte Außenminister Fabius und erinnerte dabei auch an die zahlreichen Opfer der beiden jüngsten anderen Flugzeugabstürze im Osten der Ukraine und in Taiwan.

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