Ein Polit-Profi für Schloss Bellevue"First Lady" Bettina Wulff setzt auf Familie und Beruf

Berlin. Es gibt diese Geschichte im Leben von Angela Merkel, die man sich in CDU-Kreisen bis heute erzählt, um damit zu charakterisieren, wie die Kanzlerin politisch tickt: Im zarten Schulalter hatte Merkel während einer Schwimmstunde lange mit sich gerungen, ob sie vom Drei-Meter-Brett springen soll oder nicht. Erst als die Unterrichtsstunde vorüber war, ging Merkel hin und sprang

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll sich selbst als Köhler-Nachfolger ins Gespräch gebracht haben. Foto: dpa

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll sich selbst als Köhler-Nachfolger ins Gespräch gebracht haben. Foto: dpa

Berlin. Es gibt diese Geschichte im Leben von Angela Merkel, die man sich in CDU-Kreisen bis heute erzählt, um damit zu charakterisieren, wie die Kanzlerin politisch tickt: Im zarten Schulalter hatte Merkel während einer Schwimmstunde lange mit sich gerungen, ob sie vom Drei-Meter-Brett springen soll oder nicht. Erst als die Unterrichtsstunde vorüber war, ging Merkel hin und sprang.

Präsidiale Spiele

Die Episode passt auch ganz gut zu ihrem Hin und Her, wer als Nachfolger des glücklosen Horst Köhler ins Berliner Schloss Bellevue einziehen soll. Für die Öffentlichkeit schien die Sache schon zwei Tage nach Köhlers spektakulärem Abtritt gelaufen zu sein.

Bereits am Mittwoch waren die Zeitungen voller schöner Fotos von Ursula von der Leyen. Ein großes Boulevardblatt nannte sie gar schon die "Mutter der Nation". Dabei soll Merkel dem Vernehmen nach mehrere Namen genannt haben, als sie nach dem Köhler-Schock vom Montag erstmals in kleinerer Runde über das Thema sinnierte. Aber die meisten Anwesenden wollten offenbar nur den Namen der populären Arbeitsministerin hören. Und als die Vorsitzenden von FDP und CSU, Guido Westerwelle und Horst Seehofer, in den folgenden Stunden und Tagen auch noch klar machten, dass sie keine eigenen Bewerber aufbieten, war die Beförderung der siebenfachen Mutter ins höchste deutsche Staatsamt scheinbar schon perfekt.

Neben Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, denen offenbar der Rückhalt in den eigenen Reihen fehlte, hatte sich aber noch ein anderer ins präsidiale Spiel gebracht, den Merkel nicht einfach übergehen konnte: Christian Wulff aus Niedersachsen. Er kam erst am Mittwochmittag in einem vertraulichen Gespräch aus der Deckung. Von da an galt es für Merkel abzuwägen, welcher der beiden ernsthaft verbliebenen Kandidaten die stärksten Argumente auf sich vereinigt. Denn als präsidiabel galten Merkel sowohl von der Leyen als auch Wulff.

Unter den CDU-Ministerpräsidenten ist der 50-Jährige der letzte ernstzunehmende Konkurrent für die Kanzlerin, nachdem sich Roland Koch politisch selbst entsorgte. Merkel steht längst in dem Ruf, alle unliebsamen Parteifreunde mit Rang und Namen weggebissen zu haben. Sehr zum Ärger der wirtschaftsliberalen Parteigänger. Würde auch Wulffs Wunsch, erster Mann im Staat zu werden, an Merkel scheitern, dann, so sagen Insider, hätte sie ein unionsinternes Problem bekommen. Auch von der Leyen, die das Amt in Schloss Bellevue zweifellos gern selbst ausgefüllt hätte, konnte es nicht auf eine Machtprobe mit Wulff ankommen lassen. Schließlich ist er ihr Förderer. 2003 holte Wulff sie als Sozialministerin in die niedersächsische Landesregierung. Bereits zwei Jahre später war von der Leyen Bundesfamilienministerin. Sie hat Wulff viel zu verdanken.

In der Union hieß es gestern, der Mann aus Hannover stehe für die katholisch konservative CDU westdeutscher Prägung, derweil Merkel und von der Leyen, beide Protestanten, eine modernisierte Union verkörpern. Auch diese Balance musste die Kanzlerin bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. "Zwei protestantische Modernisierer an der Spitze des Landes wären für viele in der Partei zu viel", hieß es. Zu bedenken sei auch gewesen, dass eine Präsidentschaft von der Leyens eine schmerzliche Lücke im Bundeskabinett hinterlassen hätte. Der für sie in Frage kommende Ersatz, angefangen von Wahlverlierer Jürgen Rüttgers über Unionsfraktionschef Volker Kauder bis zu Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, hätte kaum Strahlkraft für Schwarz-Gelb entfaltet. In dieser "Zusammenschau" habe Merkel schließlich Wulff den Vorzug gegeben. Bevor ihre Entscheidung am späten Donnerstagnachmittag nach außen drang, wurde allerdings noch hektisch telefoniert, jagte eine Sitzung die nächste. Schließlich musste sich die Bundeskanzlerin auch noch der Unterstützung der CSU- und FDP-Spitzen versichern. Am Abend gab es dann noch eine Telefonschaltkonferenz des CDU-Bundesvorstands, bevor Angela Merkel in der Berliner Landesvertretung Thüringens den Ministerpräsidenten ihrer Partei die Personalentscheidung erläuterte. Es war gewissermaßen das Finale ihres politischen Sprungs vom Drei-Meter-Brett.

Hannover. Das Scheinwerferlicht ist Bettina Wulff inzwischen gewohnt. Bei der Computermesse Cebit zeigte sie sich lächelnd an der Seite ihres Mannes, aber auch sonst scheint sich die 36-Jährige zwischen Prominenz aus Wirtschaft und Showbusiness wohlzufühlen. Die zweite Ehefrau von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), eine PR-Assistentin, wird möglicherweise bald "First Lady". Sie wäre die jüngste, die es jemals im Schloss Bellevue gab. 2006 hatte Wulffs Trennung von seiner Frau Christiane für Schlagzeilen gesorgt. Sie haben eine gemeinsame Tochter, Annalena.

Der Regierungschef ging dann offen mit seinem neuen Liebesglück um: Im März 2008 gaben sich Wulff und seine schwangere Lebensgefährtin Bettina das Ja-Wort. Seitdem zeigt sich das Paar gerne als moderne Patchworkfamilie - beide haben Kinder aus früheren Beziehungen. Der gemeinsame Sohn Linus Florian ist im Mai zwei Jahre alt geworden. Bettina Wulff, die früher in der Öffentlichkeitsarbeit bei Continental beschäftigt war, will Familie und Beruf unter einen Hut bringen. dpa

"Zwei protestantische Modernisierer an der Spitze des Landes

wären für viele in der Partei zu viel."

Stimmen zur möglichen Doppelspitze Merkel und von der Leyen

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll sich selbst als Köhler-Nachfolger ins Gespräch gebracht haben. Foto: dpa

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll sich selbst als Köhler-Nachfolger ins Gespräch gebracht haben. Foto: dpa

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