Der Hoffnungsträger meint es ernst

Washington. Schon zu Beginn des Wahlkampfes hatte Barack Obama klar gemacht: "Als Präsident werde ich Guantánamo Bay schließen." Es ist immer noch ein weiter Weg bis dahin, aber die ersten Schritte sind getan: Bereits vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten hat Pentagonchef Robert Gates seinen Stab angewiesen, einen Plan auszuarbeiten, der zur Schließung führen soll

 Menschenwürdig? In orangerote Overalls gekleidete Häftlinge knien im Camp X-Ray auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba. Foto: dpa

Menschenwürdig? In orangerote Overalls gekleidete Häftlinge knien im Camp X-Ray auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba. Foto: dpa

Washington. Schon zu Beginn des Wahlkampfes hatte Barack Obama klar gemacht: "Als Präsident werde ich Guantánamo Bay schließen." Es ist immer noch ein weiter Weg bis dahin, aber die ersten Schritte sind getan: Bereits vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten hat Pentagonchef Robert Gates seinen Stab angewiesen, einen Plan auszuarbeiten, der zur Schließung führen soll. Dieses hohe Tempo unterstreicht, dass es Obama ernst gemeint hat, als er den Abschluss des unrühmlichen Kapitels Guantánamo als eine seiner höchsten Prioritäten nach dem Einzug ins Weiße Haus bezeichnete.

Das ist umso bemerkenswerter, als die Existenz des Lagers und der Umgang mit Terrorverdächtigen insgesamt in den USA nie eine derart heftige Empörung ausgelöst haben wie in Teilen des Auslands. Auch im Wahlkampf selbst spielte dieses Thema nur eine Randrolle, konnte Obama sich also nur begrenzt davon politisches Kapital erhoffen. Der Druck, den der gewählte Präsident anscheinend schon vor seinem Amtsantritt ausgeübt hat, spiegelt vor diesem Hintergrund in erster Linie eine tiefe Grundüberzeugung wider, dass sich Guantánamo und der US-Anspruch auch auf moralische Führerschaft in der Welt nicht miteinander vereinbaren lassen. Die USA, so hat Obama gesagt, sollen weltweit wieder zu einem wahren "Leuchtfeuer" der Freiheit und der Menschenrechte werden, "die falsche Wahl zwischen Freiheiten, die wir schätzen, und Sicherheit, die wir fordern", zu Ende gehen.

Keine Frage natürlich, dass auch Pragmatismus hinzukommt: So hat eine Serie von gerichtlichen Entscheidungen den Prozeduren in Guantánamo Bay zunehmend den rechtlichen Boden entzogen. Damit stellen auch die geplanten Militärtribunale in dem Lager gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 eine derart große Herausforderung dar, dass in der demokratischen Welt anerkannte rechtliche Standards als Prozessgrundlage praktisch unumgänglich geworden sind. Die Welt wird zusehen, das weiß auch Obama ganz genau, der die unter Präsident George W. Bush beschädigten Beziehungen zum Ausland verbessern will.

"Gitmo", wie es in den USA genannt wird, gilt praktisch seit seiner Öffnung vor rund sieben Jahren als Schandfleck für die USA, ist sozusagen zum Synonym geworden für die weltweite Enttäuschung über die führende Nation der Erde, die andere Staaten gern in Sachen Menschenrechte kritisiert und belehrt, aber für sich selbst eigene Gesetze schafft. Vor allem ein Urteil des Obersten Gerichtshofes im Juni, das den im einem legalen Leerraum lebenden Häftlingen das Recht auf Anfechtung ihrer Gefangenschaft vor US-Bundesinstanzen einräumte, machte erneut vor aller Welt klar, dass die USA in ihrem Antiterrorkampf schlicht zu weit gegangen sind.

Aber Obama dürfte bei seinem Versuch, rechtliche Ordnung zu schaffen, rasch herausfinden, dass die Regierung Bush ihre Gründe hatte, eine Lösung der neuen Regierung zuzuschieben. Das Hauptproblem liegt dabei in einer Gruppe von gut 100 Terrorverdächtigen, die von der jetzigen Regierung als gefährlich eingestuft werden, aber mangels Beweisen nicht angeklagt werden konnten. Nach demokratischen Rechtsstandards müssen sie freigelassen werden. Aber wohin mit ihnen?

Nicht in die USA - sie sollen keinesfalls zu einem Aufnahmeland für die Exhäftlinge werden, auch nach den Plänen des neuen Präsidenten nicht. Pentagonchef Gates kennt das Problem. Er ist ein Verfechter einer Schließung des Lagers, so wurde unter seiner Führung bereits vor Monaten damit begonnen, Länder für die Aufnahme von etwa 50 Gefangenen zu finden, die nach derzeitigen US-Plänen freigelassen werden sollen, aber in ihren Heimatstaaten gefoltert werden könnten. Aber niemand, so beklagte Gates, wolle diese Menschen haben.

Obama hofft nun, dass andere Staaten, an der Spitze bisherige europäische Guantánamo-Kritiker, ihm bei seinen geplanten Reformen unter die Arme greifen und freigelassenen Häftlingen eine Bleibe bieten. Führende internationale Menschenrechtsorganisationen haben bereits dazu aufgerufen.

 Menschenwürdig? In orangerote Overalls gekleidete Häftlinge knien im Camp X-Ray auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba. Foto: dpa

Menschenwürdig? In orangerote Overalls gekleidete Häftlinge knien im Camp X-Ray auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba. Foto: dpa

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