In Metz dreht sich alles um Weihnachten

Metz. "Probieren Sie doch mal", ruft der Mittdreißiger von seinem Stand herüber, "kandierte Erdbeeren, ganz lecker!" Doch die Passanten winken alle ab. Vielleicht, weil kandierte Erdbeeren nicht so richtig zur Adventszeit und dem Weihnachtsmarkt auf der Metzer Place St. Louis passen wollen

 Auch die Kleinen kommen nicht zu kurz: das Karussell auf der Place St. Louis im Zentrum. Fotos: Dietze

Auch die Kleinen kommen nicht zu kurz: das Karussell auf der Place St. Louis im Zentrum. Fotos: Dietze

Metz. "Probieren Sie doch mal", ruft der Mittdreißiger von seinem Stand herüber, "kandierte Erdbeeren, ganz lecker!" Doch die Passanten winken alle ab. Vielleicht, weil kandierte Erdbeeren nicht so richtig zur Adventszeit und dem Weihnachtsmarkt auf der Metzer Place St. Louis passen wollen.

Süßigkeiten gibt es dennoch im Überfluss: Nougat, Schokolade, Lebkuchen in allen Varianten. An drei Viertel der Stände werden Naschereien angeboten, "klassische" Weihnachtsartikel wie Kerzen, Christbaumschmuck oder Räuchermännchen sind kaum im Angebot.

Dafür Schmuck. Zufrieden ist Catherine Gigout dennoch nicht. Die Schmuckdesignerin ist eigens aus Paris gekommen, um auf dem Metzer Weihnachtsmarkt ihre Kollektionen anzubieten. Aber mit wenig Erfolg. "Die Leute hier haben ja gar keine Ahnung von Kunst", beklagt sie sich. "Völlig sinnlos, hier auf Käufer zu warten", meint sie resignierend.

Tatsächlich bleibt vor ihrem kleinen Stand mitten auf dem Markt keiner stehen. Die Besucher flanieren vorbei, schauen nach rechts und links. "Hier ist ja richtig Platz, nicht so wie in Saarbrücken, wo alles dicht gedrängt ist", sagt einer im Vorbeigehen. Dennoch ist die Place St. Louis komplett belegt, nur hat man in den Mittelgängen der Buden genügend Freiraum gelassen, damit die Besucher problemlos aneinander vorbeigehen können. Am Ende des Platzes aus dem 14./15. Jahrhundert wartet für Kinder dann noch eine Attraktion: ein zweistöckiges Karussell mit Kutschen und Pferden, wie es sie wohl um die Jahrhundertwende gegeben hat. Viel ist nicht los, bei Temperaturen unter null Grad hat sich nur ein einziges Kind mit seiner Mama aufs Karussell getraut. Selbst mit dem historischen Doppeldecker "Le petit prince" (der kleine Prinz) will keiner seine Runden drehen. Auch die "Nautilus", das U-Boot von Kapitän Nemo, bleibt an diesem Nachmittag leer.

Attraktionen wie diese sind in Metz keine Seltenheit in der Vorweihnachtszeit. Stadt und Geschäftsleute haben nicht nur einen Weihnachtsmarkt organisiert, sondern mehrere. Und die enden nicht wie oft im Saarland eine Woche vor Heiligabend, sondern erst Ende Dezember.

So auch "le village du Père Noël" (das Dorf des Weihnachtsmanns) auf der Place St. Jacques im Zentrum von Metz. Bis 28. Dezember kann man hier zwischen den Buden flanieren. Das lohnt sich vor allem am späten Nachmittag, wenn der Platz hell erleuchtet ist und die Fassaden der Häuser angestrahlt sind. Über allem thront die Silhouette der Kathedrale Saint Etienne, die beeindruckende 6500 Quadratmeter Kirchenfenster zu bieten hat, unter anderem von Marc Chagall. Giovanni verkauft auf dem Markt Holzspielzeug. Go- und Schachbretter hat er im Angebot, aber auch Knobelspiele. "Wir haben auch viel deutsche Kundschaft", sagt er. "Vor allem Rentner, die haben eben Zeit." Dann wird er neugierig und will wissen, wie der Saarbrücker Weihnachtsmarkt ist. "Minable" (ziemlich dürftig) hat man ihm erzählt, aber der in Trier soll "très bien" (sehr gut) sein, meint er.

Es dauert nicht lange, da hört man im Vorbeigehen einige Leute deutsch reden. Es ist ein Lehrerkollegium aus Merzig, das sich nach einer Stadtbesichtigung von Nancy einen Ausflug nach Metz gegönnt hat. Warum gerade der Weihnachtsmarkt in Metz? "Metz hat schon einen Namen in der Region, da will man mal hin", sagt eine der Lehrerinnen. Die Place St. Jacques war sicher die richtige Wahl. Einen kleinen Weihnachtsmarkt gibt es auch auf der Esplanade unweit des Arsenal, des bekannten Konzerthauses. Echte Musikfreunde würden sich angesichts des Gedudels, das von dem Karussell herüberdringt, wohl eher die Ohren zuhalten. Auf kitschig bunten Hollywoodfiguren drehen einige Kinder ihre Runde, während "Jingle Bells" blechern aus den Lautsprechern plärrt.

Dann doch lieber zurück zum Ausgangspunkt, der Place St. Louis. Stockfinster ist es mittlerweile, der Markt hat sich gefüllt. Und auch hier trifft man Saarländer. Gabi Schweißthal, Vera Rumpf und Josefa Gehring sind auf Einladung von Kultusministerium und Rotem Kreuz nach Metz gekommen. Als Anerkennung für ihre ehrenamtliche Arbeit als Integrationsbegleiter für Schulkinder. In den meisten Fällen betreuen sie ausländische Kinder, die in der Schule nicht richtig mitkommen. "Au suivant, schnell, please", schallt es plötzlich herüber. Franck, ein Mittvierziger im schwarzen Rolli, preist lautstark seine Spezialitäten an. Dampf steigt über zwei riesigen Pfannen auf. Etwa zehn Leute stehen neugierig davor und fragen sich, ob sie zulangen sollen. Die Unentschlossenen ködert Franck derweil weiter: "Allez, allez, olé", ruft er den Passanten zu. Wie jedes Jahr und wohl auch nächstes Jahr auf dem Markt auf der Place St. Louis. Olé.

 Blick auf die Place St. Jacques.

Blick auf die Place St. Jacques.

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