Bei Fritten hört in Belgien der Spaß auf

Brüssel. Sie verstehen sich nicht, haben seit über 250 Tagen keine Regierung, aber bei Fritten hört der Spaß auf. Da kämpfen Flamen und Wallonen Seite an Seite

Brüssel. Sie verstehen sich nicht, haben seit über 250 Tagen keine Regierung, aber bei Fritten hört der Spaß auf. Da kämpfen Flamen und Wallonen Seite an Seite. Über 800 Mails aus der Bevölkerung hat Koen Leote, Bürgermeister von Eeklo, bekommen, als er zwei verschandelte "Frietkot" (Frittenbude auf Flämisch) beziehungsweise "Baraque de Frites" (Französisch) schließen lassen wollte. "Wer das vor Wahlen versucht, kann sicher sein zu verlieren", hat er gelernt.Zig tausende der kleinen Bretterbuden gab es noch vor Jahren. Inzwischen ist ihre Zahl auf rund 1500 gesunken. EU-Hygienevorschriften und Stadtplaner, denen die schmierig wirkenden Stände ein Dorn im Auge sind, sorgten für einen massiven Rückgang. "Dabei ist der Pommes-Stand ein Stück Mini-Belgien", meint Bernard Lefevre, Präsident des Verbandes der Pommes-Anbieter (UNAFRI). Recht hat der Mann. Das mussten auch die Behörden der Brüsseler Gemeinde Ixelles erfahren. Mitten auf dem malerischen Platz Flagey betrieb Thierry Van Geyt seine "Frietkot". "Sie war nicht mehr ansprechend fürs Auge", gibt er heute selbst zu. Zahlreiche Graffitis verschmierten die äußeren Wände. "Die Gesundheitskontrollen sind anspruchsvoll, es ist, als müsste alles so aussehen wie bei McDonalds", sagt er. Als die Behörden den Stand aber schließen ließen, organisierte sich der Widerstand via Facebook und Twitter. Schließlich besaß die Bude so etwas wie Kultstatus. Am Ende gaben die Beamten nach und genehmigten eine neue Baracke, die aber sauberer wirken sollte. Belgier lieben ihre Pommes über alles. Als vor Jahren der Preis für eine kleine handgedrehte Tüte auf über zwei Euro anstieg, rebellierte die Bevölkerung tagelang.

Flamen und Wallonen werden richtig böse, wenn jemand an der Theke auf Englisch "French Fries" (französische Fritten) zu bestellen versucht. Denn die Kartoffelstäbchen haben mit Frankreich nun rein gar nichts zu tun. Sie stammen aus der belgischen Maas-Region, wo erstmals Fischer, die im Sommer Fisch-Streifen frittierten, im Winter das Gleiche mit Kartoffelstückchen versuchten.

Aber nicht einfach so. Belgische Fritten sind das Ergebnis eines besonderen Rezeptes. Zunächst dürfen nur Kartoffel der Sorte "Bintje" benutzt werden. Die Stäbchen sollten frisch geschnitten und mindestens zehn Millimeter dick serviert werden. Zwei Mal werden sie in Rinderfett (und um Himmels Willen nicht in Öl) frittiert, damit sie innen weich und außen knusprig sind. Und wer wirklich alles richtig machen will, klatscht eine der 15 Saucen auch nicht einfach quer über die Kostbarkeit in handgedrehten Papiertüten, sondern lässt sich Ketchup, Mayonnaise oder eine andere Beilage in einem eigenen Töpfchen servieren. Solange es die "Frietkot" oder "Baraque de frites" denn überhaupt noch gibt.

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