Auf der Suche nach den Schuldigen

Saarbrücken. Die Foto-Dokumentation, die das Wirtschaftsministerium erstellt hatte, um den Parlamentariern die Wohnsituation der rund 50 rumänischen Arbeiter darzustellen, fand kaum mehr Aufmerksamkeit

Saarbrücken. Die Foto-Dokumentation, die das Wirtschaftsministerium erstellt hatte, um den Parlamentariern die Wohnsituation der rund 50 rumänischen Arbeiter darzustellen, fand kaum mehr Aufmerksamkeit. Dabei war es doch genau dies, was die öffentliche Empörung ausgelöst und letztlich auch die gestrige Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses veranlasst hatte: die als menschenunwürdig angeprangerten Verhältnisse von "Sklavenarbeitern", die um ihren Lohn gebracht werden.Sie sind in elf Unterkünften untergebracht, acht davon wurden am Dienstag vom Geschäftsführer der Strukturholding Saar (SHS), Bernd Therre, persönlich in Augenschein genommen, Bewohnerzahl und Mobiliar akribisch registriert. "Nur eine der Wohnungen ist aus meiner Sicht zu beanstanden", so Therre gegenüber der SZ. Es handelt sich dabei um eine der beiden Unterbringungen, die der SZ Anlass gaben für ihre Berichterstattung. Anhand der Fotos lässt sich heute freilich Therres Feststellung durchaus nachvollziehen, dass "die Mehrzahl der Arbeiter gut untergebracht ist". Denn drei der Wohnungen würden beispielsweise als Drei-Sterne- und Vier-Sterne-Ferienwohnungen genutzt. Allerdings kaum mit einer Belegungszahl von bis zu acht Personen.

Doch all dies spielte am Mittwoch im politischen "Schaukampf" keine Rolle. Im Kern ging es nur mehr um eine Frage: Welche Versäumnisse lassen sich der Landesregierung nachweisen? Und dabei ging es in der auf Antrag der Grünen anberaumten und dann überraschend auch für die Medien geöffneten Ausschuss-Sitzung zu, als hätten die Abgeordneten bereits das Ermittlungs-Mandat eines Untersuchungsausschusses. Auf der "Anklagebank": Wirtschafts-Staatssekretär Jürgen Barke (SPD), Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit (CDU), Landrat Udo Recktenwald (CDU) und Therre (SHS). Letzterer erklärte: "Wir haben gegenüber den Firmen keinen Rechtsanspruch auf Auskünfte oder Einblick in Unterlagen." Die Moderationsrolle, die die Landesregierung zwischen Firmen, Gewerkschaft und Arbeitern übernehme, wurde freiwillig übernommen, auf der Basis einer moralischen Verpflichtung. Das sagte Barke. Ohne damit durchzudringen.

Im Fokus der Vorwürfe blieb die Staatskanzlei, die am 7. Dezember über das Diakonische Werk Obere Nahe involviert worden war (die SZ berichtete). Innerhalb nur einer Stunde reagierte man in der Regierungszentrale, dies wurde gestern durch einen E-Mail-Verkehr lückenlos belegt. Trotzdem erneuerte Heike Kugler (Die Linke) ihre Vorwürfe: "Sie haben sich nicht genügend gekümmert." Ihre Parteikollegin Astrid Schramm fand es zudem inakzeptabel, das sich bis dato kein Regierungsmitglied am Bostalsee habe blicken lassen. Der Fraktionschef der Grünen, Hubert Ulrich, stieß in die selbe Wunde. "Die Eingriffsmöglichkeiten, die heute bestehen, gab es schon vor vier Monaten. Die haben geschlampt", so Ulrich.

Die Abgeordneten von SPD und CDU stellten sich vor die Regierung: " Ich begrüße es ausdrücklich, dass das Wirtschaftsministerium die koordinierende Rolle übernommen hat", so SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn. Und Peter Strobel (CDU) versuchte gar, den Spieß umzudrehen. Er betonte, auch Kugler wisse seit Monaten von den Vorfällen, denn ihr Mann habe dem Diakonischen Werk den Ansprechpartner in der Staatskanzlei genannt. Der Rück-Vorwurf lautete: Instrumentalisierung des Themas.

Bei all dem ging beinahe unter, was der Ausschuss-Vorsitzende Bernd Wegner (CDU) der SZ als Erkenntnis des Tages schilderte: "Bei den Untersuchungen kann herauskommen, dass sich nicht nur die Unternehmen schuldig gemacht haben, sondern auch die Arbeiter, weil sie illegal hier arbeiten." Womöglich würden sie heimgeschickt - ohne Lohn. "Die haben geschlampt."

Hubert Ulrich (Grüne) zur Frage, warum die Staatskanzlei so spät reagiert hat.

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