Debatte um Offenlegung des Impfstatus Bisheriges Tabu in der Corona-Krise könnte bald fallen

Saarbrüclen · Bisher war es ein Tabu in der Corona-Krise: Nun spricht sich die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände dafür aus, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten fragen dürfen, ob sie gegen Corona geimpft sind. Auch Jens Spahn macht schon Andeutungen.

 Auch viele Unternehmen und Betriebe bieten ihren Beschäftigten Coronaschutzimpfungen an. Dennoch ist es den Arbeitgebern gesetzlich verboten, ihre Mitarbeiter zu fragen, ob sie bereits geimpft sind oder nicht.

Auch viele Unternehmen und Betriebe bieten ihren Beschäftigten Coronaschutzimpfungen an. Dennoch ist es den Arbeitgebern gesetzlich verboten, ihre Mitarbeiter zu fragen, ob sie bereits geimpft sind oder nicht.

Foto: dpa/Marijan Murat

Nach derzeitiger Gesetzeslage haben Arbeitgeber kein Recht darauf, den Impfstatus der Mitarbeiter zu erfragen. „Der Impfstatus gehört zum besonders geschützten Bereich der persönlichen Daten“, erklärt die Arbeitskammer des Saarlandes. Die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) fordert jetzt jedoch, die Unternehmen sollten Klarheit über den Impfstatus ihrer Mitarbeiter erhalten. „Um den Gesundheitsschutz der Mitarbeiter zu gewährleisten, ist es sinnvoll, dass Arbeitgeber wissen, welche Beschäftigten geimpft sind und welche nicht“, sagte VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter gestern.

Die aktuelle Lage, dass Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Mitarbeiter nicht abfragen dürfen, sei in der Pandemiebekämpfung und den damit verbundenen hohen Auflagen auch für die Unternehmen nicht angemessen. Letztlich gehe es dabei darum, die Schutzmaßnahmen entsprechend anzupassen. „Deshalb muss die Regierung in Berlin hier jetzt eindeutig festlegen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter nach dem Impfstatus fragen dürfen“, betont Schlechter.

Bisher müssen Arbeitgeber Corona-Tests zahlen, aber dürfen nicht wegen der Impfung fragen

Er sieht auch eine Diskrepanz mit Blick auf die Vorschrift, dass Arbeitgeber auf der einen Seite für ihre Beschäftigten kostenlose Corona-Tests vorhalten müssen, dass sie aber auf der anderen Seite nicht fragen dürfen, wie hoch das Ansteckungsrisiko des jeweiligen Mitarbeiters ist. „Nur wer das Infektionsrisiko kennt, kann auch die Schutzmaßnahmen effizient gestalten. Das sollte die vordringliche Linie bei der Pandemiebekämpfung sein“, sagt Schlechter.

In einer größeren Firma im Saarland, in der die Sozialräume wie Kantine und Kaffeeküchen weiterhin geschlossen sind, prüft derzeit sogar der Betriebsrat, ob es möglich ist, in einer anonymen Umfrage den Impfstatus der Mitarbeiter zu ermitteln. Wäre ein hohe Impfquote erreicht, könnten die Gemeinschaftsräume wieder geöffnet werden. Ob ein solches Verfahren zulässig ist, sei rechtlich noch nicht geklärt, sagte ein Sprecher der VSU.

DGB Saar lehnt Vorstoß ab

 In gleicher Deutlichkeit vertritt der DGB Saar eine gegenteilige Meinung. Bettina Altesleben, die Geschäftsführerin der DGB-Region Saar, erklärte gestern: „Es muss erlaubt sein zu hinterfragen, was mit einer Abfrage des Impfstatus durch den Arbeitgeber eigentlich bezweckt werden soll. Grundsätzlich unterliegen solche Daten ja dem Datenschutz. Inzwischen haben wir außerdem gelernt, dass auch Geimpfte das Virus übertragen können, weswegen aus unserer Sicht die Forderung nach einer Offenlegung des Impfstatus zu kurz greift. Denn es darf keinesfalls eine Abwälzung des Arbeitsschutzes auf die Beschäftigten geben. Wir erwarten, dass Arbeitgeber aus den Szenarien der Vergangenheit  gelernt und technische wie auch organisatorische Maßnahmen in die Wege geleitet haben, um allen Beschäftigten entsprechenden Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten.“

Allerdings wünscht sich Altesleben auch, „dass möglichst alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bei denen keine gesundheitlichen Aspekte dagegen sprechen, sich impfen lassen, damit sie auch für sich selbst den höchstmöglichen Schutz erfahren.“

Jens Spahn „hin- und hergerissen“

In der Bundespolitik werden Stimmen lauter, die sich für die Offenlegung des Impfstatus der Mitarbeiter aussprechen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ am Montag gesagt, er sei „gerade hin- und hergerissen, ob man das Gesetz ändern soll, damit Arbeitgeber zumindest für die nächsten sechs Monate nach dem Impfstatus der Beschäftigten fragen dürfen. Ich tendiere in der Frage zunehmend zu ja." Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte gestern hingegen: „Ich sehe derzeit keine rechtliche Grundlage für eine mögliche Abfrage des Impfstatus durch den Arbeitgeber. Das Arbeitsrecht gibt das bisher nicht her.“ Dem schloss sich das DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel an. Sie sagte gestern: „Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten der Beschäftigten dem Datenschutz, sie hat Arbeitgeber nicht zu interessieren.“

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger meinte: „Unternehmen und Betriebe brauchen jetzt eine klare Ansage, dass sie den Impfstatus ihrer Beschäftigten erfragen dürfen, um die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller ihrer beschäftigten Mitarbeiter sicherzustellen. Die geplante neue Arbeitsschutzverordnung des Arbeitsministers verbietet es dem Arbeitgeber de facto, den Impfstatus abzufragen. Das ist kontraproduktiv und verhindert die notwendige Klarheit, die die Betriebe jetzt brauchen.“

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