OECD-Bericht Gut gebildet, schlechter bezahlt

Berlin · Die OECD stellt Deutschland in ihrem Bildungsbericht alles in allem ein gutes Zeugnis aus: in den Mint-Fächern an der Spitze, hohe Investitionen in frühkindliche Bildung. Geht es aber um die gerechte Entlohnung von Frauen, ist man hierzulande noch nicht so weit, wie man meinen könnte.

  Im März hatte der DGB in Berlin zum Protest gegen Lohnunterschiede aufgerufen (s. Bild). Die OECD-Bildungsstudie gibt den Organisatoren Recht: Frauen verdienen demnach trotz hoher Qualifikation oft weniger als Männer.

Im März hatte der DGB in Berlin zum Protest gegen Lohnunterschiede aufgerufen (s. Bild). Die OECD-Bildungsstudie gibt den Organisatoren Recht: Frauen verdienen demnach trotz hoher Qualifikation oft weniger als Männer.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Viel Lob bekam das deutsche Bildungssystem am Dienstag bei der Vorstellung des OECD-Berichts „Bildung auf einen Blick“ in Berlin. Deutschland sei „gut aufgestellt“. Nichtsdestotrotz: Im internationalen Vergleich ist die Republik nicht überall spitze. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zur Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Worin überzeugt Deutschland?

Schwerpunkt der Untersuchung war diesmal die höhere Bildung. So entscheiden sich in keinem anderen OECD-Land mehr Studienanfänger für die Mint-Fächer, also für Mathe, Informatik, Ingenieurs- und Naturwissenschaften. Mit 40 Prozent liegt Deutschland hier an der Spitze vor Österreich, Griechenland und Südkorea. Außerdem ist die Bereitschaft zur Weiterbildung hierzulande besonders groß: 52 Prozent aller Erwachsenen beteiligen sich daran, im OECD-Durchschnitt sind es nur 47 Prozent.

Warum ist höhere Bildung wichtig?

Laut Studie werden immer mehr Jobs mit niedriger Qualifikation wegfallen. Der Bedarf an Fachkräften nimmt gleichzeitig weiter zu: „Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass der Arbeitsmarkt für höhere Qualifikationen gesättigt ist“, so OECD-Vize-Generalsekretär Ludger Schuknecht. Wer eine bessere Bildung hat, verdient mehr und ist seltener arbeitslos. Im Jahr 2018 hatten in den insgesamt 46 untersuchten Ländern im Mittel 44 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 25 und 34 Jahren einen höheren Abschluss. In Deutschland waren es lediglich 32 Prozent (2008: 24 Prozent). Die starke Stellung der dualen Berufsausbildung sei dafür verantwortlich, dass Deutschland unter dem OECD-Durchschnitt liege.

Gibt es ein Geschlechtergefälle?

Eindeutig ja. Junge Frauen im Alter zwischen 25 und 34 Jahren haben öfter einen höheren Bildungsabschluss (34 Prozent) als Männer im selben Alter (31 Prozent). Aber: Gleichzeitig verdienen sie deutlich weniger als Männer. Laut OECD arbeiten Frauen eher in Berufen mit niedrigeren Gehältern. Die OECD fordert unter anderem Förderprogramme.

Wie steht es um die frühkindliche Bildung?

Auch sie hat die OECD unter die Lupe genommen. Deutschland investiert demnach in die Betreuung und Bildung von Kleinkindern mehr Geld als andere Mitgliedstaaten der OECD. Fast alle Drei- bis Fünfjährigen nutzen entsprechende Angebote. Die Quote stieg zwischen 2005 und 2017 von 88 Prozent auf 95 Prozent. 37 Prozent der Unter-Dreijährigen werden in Krippen oder Kitas betreut (2005: 17 Prozent).

Was sagt die Organisation zum Lehremangel?

Laut Bertelsmann-Stiftung werden in Deutschland bis 2025 mehr als 26 000 Grundschullehrer fehlen. Die Kultusministerkonferenz arbeitet derzeit an ihrer eigenen Prognose. Die OECD formuliert es allgemein: Die Lehrerschaft sei älter als in allen anderen Ländern, zuletzt waren 42 Prozent der Pädagogen über 50 Jahre, nur sieben Prozent unter 30. Allerdings ist der Beruf hierzulande attraktiver als anderswo: Durchschnittlich rund 60 000 Euro im Jahr verdient ein Lehrer bei Berufsbeginn. Damit liegt das Einstiegsgehalt knapp doppelt so hoch wie im Mittel der OECD-Mitgliedstaaten. Allerdings steigt im Laufe eines deutschen Lehrerlebens der Lohn nur um etwa ein Drittel, im OECD-Durchschnitt sind es dagegen fast 90 Prozent.

Wovor warnt die Organisation?

„Deutschland ist gut, aber nicht spitze“, so Schuknecht. In Japan, Korea oder Singapur sei die Qualität der Bildung besser. Staaten, mit denen Deutschland wirtschaftlich in Konkurrenz steht. Sie investieren zwar nicht mehr in ihre Bildungssysteme, setzen die Mittel aber effektiver ein.

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