„Notmaßnahmen“ à la Seehofer

München · Horst Seehofer greift zu drastischen Worten: Mit „Notwehr“ droht der Ministerpräsident in der Flüchtlingskrise. Wirklich ausrichten kann Bayern alleine aber wenig – außer den Druck auf die Kanzlerin zu erhöhen.

. Die Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylbewerber ist massiv gestiegen. In diesem Jahr wurden nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ) über 490 Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte verübt. Im gesamten vergangenen Jahr waren es nach den Zahlen des Bundesinnenministeriums knapp 200. Dies sei eine Schande für Deutschland. Zwei Drittel der Tatverdächtigen seien "Bürger aus der Region, die sich bisher nichts zuschulden kommen ließen", sagte er den Zeitungen der Essener Funke-Mediengruppe. Ihnen müsse klar gemacht werden, dass sie mit Körperverletzungen, Mordversuchen und Brandanschläge "inakzeptable Straftaten begehen". Die Gewalt gegen Asylbewerber wird nach den Angaben des CDU-Politikers von Hassmails und Beleidigungen in einer "Gossensprache" begleitet: "Es sind Zivilisationsschranken gefallen."

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) nannte die Anschläge "beschämend für unser Land". Hunderte Straftaten seit Jahresbeginn seien eine "bittere Bilanz", sagte der Minister gestern in Berlin. Wer Flüchtlinge und Helfer attackiere, müsse mit der ganzen Härte des Rechtstaats rechnen.

Im Saarland gab es im September einen mutmaßlich fremdenfeindlich motivierten Brandanschlag. Dabei wurden Brandsätze in ein ehemaliges Schulgebäude in Bliesdalheim geworfen, in das Flüchtlinge einziehen sollen. Der Vorfall weckte Erinnerungen an eine Anschlag-Serie in Völklingen zwischen 2006 und 2011, von denen Migranten betroffen waren.

Bei vielen Anschlägen in diesem Jahr entkamen die Brandstifter unerkannt. Gestern haben Polizisten indes zwei mutmaßliche Täter, die am vergangenen Samstag eine Flüchtlingsunterkunft im sauerländischen Altena in Brand gesetzt hatten, festgenommen. Einer der Verdächtigen ist ein Feuerwehrmann. Die 23 und 25 Jahre alten Männer leben im selben Wohngebiet, berichtete die Polizei in Hagen am Freitag. Sie hätten in den Vernehmungen zugegeben, am vergangenen Samstag einen Anschlag auf das Wohnhaus verübt zu haben. Auch für den Brandanschlag von Tröglitz soll ein Anwohner verantwortlich sein. Einen Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" wollte die Staatsanwaltschaft Halle gestern nicht kommentieren. Die geplante Unterkunft für 40 Asylbewerber in dem Ort im Süden Sachsen-Anhalts war Anfang April angezündet worden und ist seitdem unbewohnbar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort