Neue Corona-Maßnahmen Was Kanzlerin und Länder beschlossen haben

Berlin · Mit härteren Corona-Auflagen hoffen Merkel und die Ministerpräsidenten den rasanten Infektions-Anstieg einzudämmen. Doch es gibt harsche Kritik.

Die jüngsten Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Auch unter den Ländern selbst herrscht in bestimmten Punkten weiter Uneinigkeit. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Maßnahmen und die Reaktionen.

Beherbergungsverbot: In etwa jedem zweiten Bundesland gilt vorerst weiter die umstrittene Vorgabe, wonach Urlauber aus innerdeutschen Risikogebieten nur dann in öffentlichen Herbergen übernachten dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können. In Mecklenburg-Vorpommern gilt obendrein eine Quarantänepflicht. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga lief dagegen gestern weiter Sturm und sprach von einer „insolvenzbeschleunigenden Entwicklung“ in der Branche. Hoteliers verzeichneten „massenhaft“ Stornierungen. Neubuchungen blieben aus. Kritik kam auch aus dem Koalitionslager. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bemängelte, dass durch die Regelung wertvolle Testkapazitäten vergeudet würden. Der Tourismusexperte der Unionsfraktion, Paul Lehrieder, nannte den Dissens „bedauer-
lich“ und mahnte neue Staatshilfen für Hotels und Gaststätten an. Nach dem Beschlusspapier vom späten Mittwochabend soll über eine „möglichst einheitliche“ Regelung noch einmal im November beraten werden. An die Bürger aus Risikogebieten erging „eindringlich“ der Appell, innerdeutsche Reisen zu vermeiden.

Private Feiern: In Regionen mit einer Neuinfektionszahl von 35 Personen bezogen auf 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sollen in Wohnungen nur noch höchstens 15 Menschen zusammenkommen dürfen, in Gaststätten maximal 25. Bei 50 Neuinfektionen ist die Teilnehmerzahl auf zehn im öffentlichen Raum beziehungsweise zehn aus höchstens zwei Hausständen im privaten Raum limitiert. Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen die Vorgabe für private Räume „aufgrund des erheblichen Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung“ allerdings nur als „dringende Empfehlung“ verstanden wissen, wie es im Kleingedruckten des Beschlusses heißt. Niedersachsen stellt die Vorgabe unter einen „Prüfvorbehalt“. Sachsen wiederum will an einer Ende September getroffenen Vereinbarung festhalten, die jeweils höhere Teilnahmerzahlen vorsieht. Damit weicht hier etwa jedes dritte Bundesland von der jüngsten Beschlusslage ab.

Maskenpflicht: Ebenfalls in Regionen ab einer Inzidenz von 35 Neuinfizierten soll im öffentlichen Raum „eine ergänzende Maskenpflicht“ dort eingeführt werden, wo Menschen „dichter und/oder länger zusammenkommen“. Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) kündigte daraufhin am Donnerstag an, die Maskenpflicht zum Beispiel auf Marktplätze und Fußgängerzonen auszuweiten. Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann kritisierte solche Maßnahmen indes als Aktionismus. Gefährliche Aerosole würden sich bei frischer Luft sofort zerstreuen, sagte der Freidemokrat (siehe Interview unten).

Veranstaltungen: Spätestens, wenn die Inzidenz von 50 Neuinfektionen in einer Region überschritten ist, dürfen Veranstaltungen nur noch mit maximal 100 Personen stattfinden. Der Chef des Berufsverbandes Discjockey, Dirk Wöhler, kritisierte diese Maßnahmen gestern als weiteren Schlag gegen die Veranstaltungsbranche und mahnte ebenfalls staatliche Hilfen an.

Sperrstunde: Ebenfalls bei einem 50er Wert soll die Sperrstunde für Restaurants und Kneipen bundesweit verbindlich ab 23 Uhr gelten. In Risikogebieten wie Frankfurt am Main und Berlin findet diese Regelung bereits Anwendung. Die Kanzlerin hatte allerdings schon unmittelbar nach dem Bund-Länder-Treffen noch schärfere Beschränkungen in Aussicht gestellt, falls die Corona-Zahlen weiter stark nach oben gehen. Nach ihren Worten könnten dann zum Beispiel die Kontakte weiter eingeschränkt und die Sperrstunde auf 22 Uhr vorgezogen werden.

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