Suche nach einem Medikament Was verspricht Erfolg für die Behandlung von Covid-19?

Berlin · Die Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe gegen eine Krankheit dauert in der Regel Jahre, oft Jahrzehnte. Vor allem die klinischen Studien an Menschen sind sehr aufwendig. Doch in Zeiten der Corona-Pandemie muss es schnell gehen.

Experten hoffen deshalb besonders auf den Erfolg anderer Vorgehensweisen – etwa die Umwidmung von Wirkstoffen, die für andere Krankheiten entwickelt oder teilweise entwickelt wurden und unter Umständen gegen die Lungenkrankheit Covid-19 helfen.

Remdesivir: Als aussichtsreich gilt der Wirkstoff Remdesivir. Die Substanz, die sich direkt gegen das Virus richtet, wurde ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt. Da sie damals in der klinischen Prüfung keine guten Ergebnisse brachte, wurde die Entwicklung nicht weiterverfolgt. Weil erste Laborergebnisse im Einsatz gegen Coronaviren aber gut aussahen, wird Remdesivir derzeit getestet. Womöglich könnte das Mittel Ende 2020 auf den Markt kommen, sagte der Münchner Chefarzt Clemens Wendtner am Dienstag.

An saarländischen Kliniken darf der Wirkstoff bereits in ausgewählten Einzelfällen gegen Covid-19 eingesetzt werden. Das Saar-Gesundheitsministerium genehmigte die Behandlung von schwer erkrankten Patienten mit dem Präparat.

Favipiravir: Es gibt mehrere Viren-bekämpfende Stoffe, deren Wirksamkeit gegen den Erreger Sars-CoV-2 gerade erprobt wird, etwa das Grippemittel Favipiravir. Unproblematisch sind diese sogenannten Virostatika nicht: „Viren verändern sich und können resistent werden“, sagt Melanie Brinkmann, Virologin am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Ähnlich wie bei Antibiotika könne es auch bei Virostatika zu Resistenzen kommen.

Hydroxychloroquin: Ein anderer hochgehandelter Wirkstoff im Kampf gegen Sars-CoV-2 ist das Malariamittel Hydroxychloroquin. Der Wirkstoff ziele nicht direkt auf das Virus ab, sondern greife in zelluläre Prozesse ein, die für das Virus existenziell seien, erläutert Brinkmann. Eine kürzlich vorgestellte französische klinische Studie dazu sei aber „nicht aussagekräftig“. Das bedeutet aber nicht, dass das Medikament gegen die Krankheit unwirksam ist. Am Mittwoch wurde in Deutschland eine klinische Studie genehmigt, die die Wirksamkeit von Hydroxychloroquin gegen Covid-19 untersuchen soll. Der Stoff hat allerdings erhebliche Nebenwirkungen.

Antikörper: Menschen bilden Antikörper gegen verschiedenste Krankheitserreger, die in den Körper gelangen – auch gegen das neue Coronavirus. Eine besondere Rolle spielen dabei neutralisierende Antikörper. „Die neutralisierenden Antikörper patrouillieren praktisch vor der Zelle und fangen das Virus ab, so dass es nicht in die Zelle eintreten kann“, erklärt Virologin Brinkmann. Auch nachdem ein Patient genesen ist, bleiben die Antikörper zumindest noch eine Weile im Blut.

Auf der Bildung solcher Antikörper beruht auch die Wirkung der meisten klassischen Impfungen. Eine klinisch etablierte Methode ist es, Antikörper von genesenen Menschen zu nehmen und Erkrankten zu geben. Bei diesen können die Antikörper dann den jeweiligen Erreger bekämpfen. Theoretisch ist auch vorstellbar, dass man etwa klinischem Personal solche Antikörper vorbeugend gibt – es müsste sie dann allerdings alle zwei Wochen neu erhalten, schätzt Brinkmann.

So sucht zum Beispiel die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) nach Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren und genesen sind. Mit einer Blutplasmaspende könnten sie demnächst auch Antikörper für Erkrankte abgeben. Da Antikörper körpereigene Stoffe sind, sollten in der Regel auch die Nebenwirkungen gering ausfallen. 

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