Bundesregierung stellt Plan für strukturschwache Regionen vor Damit es Zuhause am schönsten bleibt

Berlin · Die Bundesregierung verspricht neue Hilfen für abgehängte Regionen, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.

Mit einem „Plan für Deutschland“ will die Bundesregierung für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen. Die Menschen müssten die Chance haben, überall dort zu leben, wo sie es wollten, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Vorstellung des Papiers am Mittwoch in Berlin. Kernpunkt ist ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Gebiete.

Wenn Menschen abwandern und ganze Landstriche deshalb zu veröden drohen, sprechen Fachleute von abgehängten Regionen. Aber es geht nicht nur um ländliche Räume. Der sogenannte Deutschlandatlas zu den aktuellen Lebensverhältnissen, den Seehofer gemeinsam mit den Ministerinnen Franziska Giffey (SPD/Familie) und Julia Klöckner (CDU/Agrar) gestern ebenfalls der Öffentlichkeit vorlegte, enthält auch eine Übersicht über sogenannte Kassenkredite. Darauf greifen finanzschwache Kommunen immer dann zurück, wenn die laufenden Ausgaben nicht durch laufende Einnahmen gedeckt sind. Diese Kredite belaufen sich auf etwa 49 Milliarden Euro. Nur etwa jede fünfte Kommune hat demnach überhaupt keine Kassenkredite aufgenommen. Vornehmlich in Bayern und Baden-Württemberg. Zahlreiche andere Kommunen wie etwa im Ruhrgebiet weisen dagegen Verbindlichkeiten im Wert von bis zu 8400 Euro pro Einwohner auf. Mit der im Grundgesetz formulierten „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ hat das kaum noch etwas zu tun. Um dem abzuhelfen, hat das Bundeskabinett insgesamt zwölf Vorhaben beschlossen. Nachfolgend die wichtigsten Punkte:

Förderung: Zum Jahresende läuft der Solidarpakt II aus und damit auch die spezielle Hilfe für Ostdeutschland. Daran anschließen soll sich nun ein gesamtdeutsches Fördersystem. „Wir fördern künftig nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach Bedarf“, sagte Seehofer. In der Praxis dürfte das meiste Geld aber weiter in die neuen Länder fließen. Das zeigt ein Zahlenvergleich: Von den 40 Kommunen mit den höchsten Steuereinnahmen liegen 39 im Westen. Von den 40 steuerschwächsten Kommunen sind 35 im Osten zu finden.

Arbeitsplätze: Der Bund verpflichtet sich, Behörden vornehmlich in strukturschwachen beziehungsweise vom Strukturwandel betroffenen Gebieten anzusiedeln. Auch Unternehmen, Hochschulen und Verbände sollen durch eine „aktive Strukturpolitik“ dazu animiert werden.

Infrastruktur: Der Bund will die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft zur Bereitstellung von Mobilfunktechnologie prüfen, um sie überall dort zu gewährleisten, wo private Anbieter nicht aktiv werden. Eine solche Trägerschaft durch den Bund hatten im Juni schon die Fraktionsspitzen von Union und SPD gefordert. Auch soll es Mittel für die Sanierung von Ortskernen geben, um mehr Menschen dorthin zu locken, statt am Ortsrand zu bauen.

Altschulden: Grundsätzlich sind die Länder für eine ausreichende Finanzausstattung ihrer Kommunen zuständig. Der Bund erklärt sich aber bereit, mit ihnen über einen Abbau der hohen Altschulden zu sprechen. Dabei wird ein „Beitrag“ in Aussicht gestellt, um betroffenen Kommunen „einmalig gezielt zu helfen“. Dazu müsse allerdings sichergestellt werden, „dass eine neue Verschuldung über Kassenkredite nicht mehr stattfindet“, heißt es in dem Kabinettspapier. Wie das genau funktionieren soll, ist allerdings noch unklar.

Finanzierung: Seehofer machte deutlich, dass absehbar kein zusätzliches Geld für die Fördervorhaben veranschlagt ist. Jeder Minister müsse die Aufgabe über seinen eigenen Haushalt schultern. Langfristig würden aber sicher „zweistellige Milliardenbeträge“ zusammenkommen, meinte Seehofer.

Die Zufriedenheit beim Deutschen Städtetag hielt sich dann auch in Grenzen. „Wir erwarten zügig Gespräche, damit offene Fragen geklärt werden. Dazu gehört auch, dass der Bund sagt, welche Finanzmittel er zusätzlich bereitstellen wird“, erklärte Verbandspräsident Burkhard Jung.

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