Guttenberg schlägt Truppenbesuch vor

Berlin. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, Fotos: epd) hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, nach ihrer Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu einem gemeinsamen Truppenbesuch am Hindukusch eingeladen. Guttenberg machte den Vorschlag gestern bei einem Gespräch mit Käßmann, wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte

Berlin. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, Fotos: epd) hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, nach ihrer Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu einem gemeinsamen Truppenbesuch am Hindukusch eingeladen. Guttenberg machte den Vorschlag gestern bei einem Gespräch mit Käßmann, wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte. Eine Zusage gab Käßmann noch nicht. Das Angebot werde "wohlwollend geprüft", sagte ihr Sprecher in Hannover. Käßmann hatte sich in ihrer Neujahrsansprache kritisch zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geäußert und eine Abkehr von der "Logik des Krieges" gefordert. Bei den Unions-Parteien, der SPD und dem Bundeswehrverband stieß sie damit auf heftige Kritik. Guttenberg lud sie daraufhin zu einer Aussprache ein. Das Gespräch zwischen Guttenberg und Käßmann sei in "konstruktiver und harmonischer Atmosphäre" verlaufen, hieß es anschließend. Beide Seiten seien sich darin einig, dass die ethische Dimension des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan geeignet sei, dieses Thema "weiter in die Öffentlichkeit zu tragen und dort auch kritisch zu diskutieren". Ebenso herrsche Einigkeit, dass für die Soldaten der Rückhalt der Gesellschaft wichtig sei - dem könne eine "offene Debatte nur dienlich sein". Guttenberg und Käßmann vereinbarten einen weiteren Austausch über den Einsatz. Vorgesehen seien etwa Reden und Diskussionen an der Führungsakademie der Bundeswehr oder in evangelischen Akademien. Käßmann traf sich gestern auch mit dem früheren Außenminister und jetzigen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, um über das Thema Afghanistan zu reden. Die Reaktionen auf Käßmanns Äußerungen sind weiter geteilt. Fast 200 Grünen-Politiker - darunter mehrere Landesvorsitzende, Bundestags- und Europaabgeordnete - schickten der Kirchenfrau einen offenen Brief, in dem sie ihren Appell, nach Alternativen zur gewaltsamen Konfliktlösung zu suchen, mit Nachdruck begrüßen. Der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer sagte: "Die militärischen Mittel führen nicht zum Frieden, sondern haben die Aussichtslosigkeit noch erhöht." Dagegen betonte der evangelische Theologe Richard Schröder: "Der Glaube an die Allmacht der Gewaltlosigkeit ist ein Aberglaube." Unterdessen hat eine Umfrage mehrerer Fernsehsender ergeben, dass sich das Ansehen Deutschlands in Afghanistan nach dem von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff bei Kundus mit zahlreichen Opfern spürbar verschlechtert hat. In den Provinzen des Nordens und Nordostens, wo die Einsatzgebiete der Bundeswehr liegen, sank der Anteil derer, die ein positives Bild von Deutschland haben, demnach um elf Punkte auf 63 Prozent. Der Anteil der Afghanen mit einem negativen Deutschland-Bild stieg um 17 Punkte auf 31 Prozent. ddp/afp

HintergrundDer Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, und der katholische Bischof von Trier, Stephan Ackermann, wenden sich gegen einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, mahnen zugleich aber eine politische Kurskorrektur an. Schneider forderte von der Politik, ein "Ausstiegsszenario" zu erarbeiten und "das Missverhältnis zwischen den Summen, die für den militärischen und die für den zivilen Einsatz aufgebracht werden", offenzulegen. Ackermann sagte, dass bei der Wahl der Mittel in Afghanistan künftig "das zivile Moment zunehmen und das militärische Moment abnehmen muss", liege "auf der Hand". Er kritisierte zugleich, dass es der Bundeswehr "mehrfach leider nicht gelungen" sei, "die Gewaltanwendung so präzise wie irgend möglich auf den militärischen Gegner zu beschränken sowie der weiteren Verselbständigung der Gewalt zu wehren". red

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