Freiwillige Beitragszahler gehen leer aus

Berlin · Gegen die Rente mit 63 regt sich immer mehr politischer Widerstand: Freiwillige Beitragszahler etwa sind von der geplanten abschlagsfreien Rente ausgeschlossen. Das sei ungerecht, meinen nicht nur Unionspolitiker.

Rund 300 000 Bundesbürger zahlen freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Darunter viele Selbstständige, aber auch Mütter, die auf diese Weise ihre Kindererziehungszeiten ergänzen. Und wer vorübergehend im Ausland lebt, kann ebenfalls von dieser Möglichkeit im deutschen Sozialrecht Gebrauch machen. Bei der geplanten abschlagsfreien Rente mit 63 allerdings soll dieser Personenkreis außen vor bleiben. Laut Gesetzentwurf werden bei den dafür erforderlichen 45 Versicherungsjahren nämlich nur Pflichtbeiträge angerechnet, wie sie zum Beispiel von Arbeitnehmern geleistet werden. Gegen diese unterschiedliche Behandlung regt sich jetzt Widerstand in den Regierungsparteien.

Über die Zugangsvoraussetzungen für die Rente mit 63 wird schon länger politisch gestritten. Vor allem darüber, dass Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) auch "kurzzeitige" Arbeitslosigkeit mitberücksichtigen will. Schon heute ist es möglich, im Alter von 65 Jahren abschlags frei in Rente zu gehen. Zeiten der Arbeitslosigkeit finden dabei jedoch keine Beachtung. Dass sich dies beim vorzeitigen Renteneintritt ändern soll, lässt nun auch die Kritik am Gesetzes-Passus zur Versicherungspflicht anschwellen: "Es ist unsinnig, Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 anzurechnen", sagte der Sozialexperte der CDU, Peter Weiß. "Aber wenn man schon Zeiten der Arbeitslosigkeit einrechnet, dann ist nicht mehr einzusehen, warum Zeiten der freiwilligen Versicherung nicht mitzählen sollen."

Fast wortgleich argumentierte gestern auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt: Ihre Partei lege "großen Wert" darauf, dass Zeiten mit freiwilligen Beitragszahlungen genauso wie Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 angerechnet werden könnten. Zumindest bei der Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der SPD (AGS) rennen die Unionspolitiker damit offene Türen ein. Die Organisation, die sich auf etwa 25 000 Parteimitglieder stützen kann, hatte bereits auf ihrer Bundeskonferenz Ende März einen Beschluss mit der Forderung nach Anrechnung der freiwilligen Beiträge gefasst. "Die SPD führt das Soziale in ihrem Namen. Das geplante Zwei-Klassen-Rentensystem ist aber weder sozial noch gerecht", sagte der stellvertretende AGS-Vorsitzende, Ralph Weinbrecht, der SZ. So würden die freiwilligen Beitragszahler ganz erheblich zur Stabilisierung des Rentensystems beitragen. "Mit der Nichtberücksichtigung ihrer Beiträge bei der Rente mit 63 treibt man sie aus dem System", warnte Weinbrecht.

Das sieht seine Parteifreundin Andrea Nahles offenkundig ganz anders. Es sei ein "erheblicher Unterschied", ob jemand als Pflichtversicherter regelmäßig Beiträge entsprechend seines Einkommens zahle oder ob jemand als freiwillig Versicherter die Möglichkeit habe, Zahl und Höhe seiner Beiträge selbst zu bestimmen und damit auch seinen Anteil an den Aufwendungen der Solidargemeinschaft.

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