Verfahren im US-Senat Gerangel um die Zeugen zum Impeachment-Finale

Washington · Lev Parnas redete Tacheles. „Präsident Trump wusste genau, was vor sich ging“, sagte der Geschäftsmann in einem Fernseh­interview. Es war Parnas, der sein Kontaktnetzwerk in der Ukraine nutzte, um im Auftrag des Trump-Anwalts Rudolph Giuliani Druck auf Wolodimir Selenskyj auszuüben.

 Ob er in der Ukraine-Affäre schuldig ist, entscheidet jetzt der Senat: US-Präsident Donald Trump.

Ob er in der Ukraine-Affäre schuldig ist, entscheidet jetzt der Senat: US-Präsident Donald Trump.

Foto: dpa/Susan Walsh

Bereits im Mai 2019, kurz nach dem Wahlsieg in der Ukraine, warnte Parnas einen Vertrauten Selenskyjs, Washington werde Militärhilfe für die Ukraine auf Eis legen, falls Kiew nicht gegen den Trump-Konkurrenten Joe Biden ermittle.

So schilderte es Parnas, als er am Mittwochabend sein monatelanges Schweigen brach und schwere Vorwürfe gegen den US-Präsidenten erhob. Parnas hat, wie auch ein Kompagnon namens Igor Fruman, mit einer Anklage wegen illegaler Wahlkampfspenden zu rechnen. Dass er womöglich hinter Gitter wandert, während der Präsident seine Hände in Unschuld wäscht, mag seinen plötzlichen Sinneswandel erklären. Er kenne weder Parnas noch Fruman, hatte Trump im Oktober erklärt. Darauf Lev Parnas, drei Monate später: „Er hat gelogen“.

Als das Repräsentantenhaus die Fakten der Ukraine-Affäre zusammentrug, war der Unternehmer aus Florida nicht unter den Zeugen. Das könnte sich nun schlagartig ändern. Die Opposition könnte verlangen, ihn im Senat aussagen zu lassen, wo am Donnerstagabend die Anhörungen im Rahmen des Impeachment-Verfahrens begannen. Wie es ausgeht, bleibt offen. Sicher ist: Das Tauziehen um zusätzliche Zeugen wird die Schlussphase des Verfahrens, eine Art Gerichtsprozess im Senat, noch auf Tage hinaus prägen.

Das Puzzle, das die Demokraten bisher zusammengesetzt haben, stützt sich im Wesentlichen auf das, was Diplomaten und Mitarbeiter aus dem Weißen Haus zu Protokoll gaben. EU-Botschafter Gordon Sondland und William Taylor, sein geschäftsführender Kollege in Kiew, haben Trump ebenso schwer belastet wie Fiona Hill und Alexander Vindman, beide im Nationalen Sicherheitsrat beschäftigt, als der Präsident die Freigabe zurückgehaltener Militärhilfe an ukrainische Untersuchungen gegen Biden knüpfte. Allerdings konnte sich Trump darauf herausreden, dass es sich um Leute handele, die nichts zu entscheiden hatten, nicht wirklich Bescheid wussten. Was bislang fehlt, sind Aussagen von Schlüsselakteuren des Kabinetts, aktuellen wie ehemaligen, die eingeweiht waren. Ganz oben auf der Liste stehen Mick Mulvaney, der Stabschef der Regierungszentrale, Außenminister Mike Pompeo und schließlich John Bolton, bis September Nationaler Sicherheitsberater. Trump hat sie angewiesen, jede Kooperation zu verweigern. Doch bei Bolton tut sich etwas. Zunächst berief er sich zwar auf einen Gerichtsentscheid, den er abwarten müsse, bevor er im Kongress erscheinen könne. Jüngst erklärte er sich jedoch zur Aussage bereit, falls der Senat ihn vorlade. Die Demokraten wollen das unbedingt.

Nun weist die Verfassung beiden Parlamentskammern beim Amtsenthebungsverfahren unterschiedliche Rollen zu. Das Repräsentantenhaus ist für Beweisaufnahme und Anklage zuständig, der Senat entscheidet über Schuld oder Unschuld. Die Beweisaufnahme, sagt Mitch McConnell, Chef der Republikaner im Senat, sei abgeschlossen. Hätte die Abgeordnetenkammer zusätzliche Zeugen vernehmen wollen, hätten sie dies vor Gericht erzwingen müssen. Jetzt sei es zu spät. Ein faires Verfahren, entgegnen Trumps Gegner, setze voraus, dass alle Fakten auf den Tisch kämen, egal wann. Durchsetzen können sie es aus eigener Kraft nicht, da sie nur 47 der 100 Senatoren stellen. Mindestens vier Republikaner müssten es also genauso sehen. Auch das ist offen.

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