Aus der Traum von der schwarz-grünen Liebelei

Berlin. Der Atom-Kompromiss der Koalition hat die Stimmung zwischen Regierung und Opposition auf den Nullpunkt fallen lassen. Nun scheinen auch die schwarz-grünen Träumereien zu zerplatzen

Berlin. Der Atom-Kompromiss der Koalition hat die Stimmung zwischen Regierung und Opposition auf den Nullpunkt fallen lassen. Nun scheinen auch die schwarz-grünen Träumereien zu zerplatzen. Eigentlich sollte Hamburg Schule machen: Das erste schwarz-grüne Regierungsbündnis auf Landesebene beflügelte 2008 die Fantasien von einer neuen Zweckehe zwischen Union und Grünen auch in anderen Ländern und vielleicht irgendwann auf Bundesebene. Inzwischen ist nicht nur an der Elbe Ernüchterung eingekehrt, sondern auch an der Spree. Schon seit einigen Monaten streuen Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel, die Kluft habe sich wieder deutlich vergrößert. Auch gebe es kein Thema, bei dem man sich schneller und besser mit den Grünen einigen könne als mit FDP oder SPD. Der Atom-Beschluss zementiert die Distanz zwischen Schwarz und Grün nun offenkundig. Annäherung und Öffnung - das war einmal. Das neue Motto lautet: Aus der Traum. Vor allem die Grünen werten die längeren Atom-Laufzeiten als Kampfansage. "Die Union zeigt damit, dass sie eine rückwärtsgewandte Partei ist. So passen die nicht zu uns", wetterte gestern die grüne Fraktionschefin Renate Künast gegenüber "Spiegel Online". Eine grüne Regierungsbeteiligung 2013 werde das Ziel haben, die Atom-Beschlüsse rückgängig zu machen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), konterte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Die Grünen sollen sich nicht so aufplustern. Frau Künast bedient die Erwartungen ihrer Anhängerschaft." Im Übrigen stelle sich die Frage schwarz-grüner Bündnisse "auf Bundesebene auf absehbare Zeit nicht", erklärte der Saarländer. Er gehe aber davon aus, dass "die Grünen insgesamt den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen". Nun gehört Altmaier zu jenen Unionspolitikern, die durchaus für eine Annäherung stehen, so wie CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe oder Umweltminister Norbert Röttgen. Unterm Strich jedoch werden jetzt die Kritiker dieses auch von Merkel befürworteten Kurses Aufwind spüren - also die Konservativen in der Union und die bayerische Schwester CSU. Dort, wo man bereits zusammen regiert, in Hamburg und im saarländischen Jamaika-Bündnis, soll der Atom-Kompromiss möglichst nicht für neuen Ärger sorgen. Aus Hamburg heißt es, man habe schon vieles überstanden, der Beschluss werde die schwarz-grüne Koalition der Hansestadt daher nicht "durcheinander bringen". Auch sieht der Koalitionsvertrag vor, sich bei einer Abstimmung im Bundesrat - so sie denn kommt - zu enthalten. Der Vertrag zwischen CDU, FDP und Grünen im Saarland spricht ebenfalls eine klare Sprache: Darin werden längere Laufzeiten deutlich abgelehnt. Eine Beteiligung an der Verfassungsklage gegen eine Umgehung des Bundesrates bei der Laufzeit-Verlängerung wird in Saarbrücken wie in Hamburg geprüft. Intern heißt es allerdings: "Es klagen ja genügend andere."Künast konstatiert mit Blick auf künftige Bündnisse: "Wir kommen überall vor die Frage, wie stimmt ein Bundesland ab, wer klagt." Im März wird in Baden-Württemberg gewählt, wo heute CDU und FDP regieren. Dort könnte sich wegen des grünen Höhenflugs in den Umfragen die Frage nach Schwarz-Grün neu stellen. Doch der grüne Bundestagsabgeordnete und baden-württembergische Landesvorstand Alexander Bonde winkt ab: "Der Atom-Kurs des Ministerpräsidenten ist nicht gut für das Land und auch keine Vorbereitung für eine Koalition." Schwarz-grüne Euphorie, das war einmal.

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Mit Kopfschütteln reagiert die Lüneburger "Landeszeitung" auf den Atom-Kompromiss der Bundesregierung: Die Kanzlerin spricht von einer Revolution. Und hat Recht. Zumindest, wenn sie den fahrlässigen Umsturz meint, den Ausstieg vom Atomausstieg. Oder die
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