Altmaier stellt Abschaffung von Industriezöllen in Aussicht EU will Handelsstreit mit USA entschärfen

Berlin/Frankfurt · Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellt in Aussicht, dass die EU Industriezölle auf null senkt. Betroffen wären auch Autos aus den USA.

 Deutsche Autos vor dem Schiffstransport in die USA. Im internationalen Handelstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der EU um Strafzölle ist eine Annäherung in Sicht.

Deutsche Autos vor dem Schiffstransport in die USA. Im internationalen Handelstreit zwischen den Vereinigten Staaten und der EU um Strafzölle ist eine Annäherung in Sicht.

Foto: dpa/Ingo Wagner

Deutsche Exportunternehmen leiden zunehmend unter internationalen Handelskonflikten und politischen Unsicherheiten. Dazu zählt etwa der Streit zwischen der Europäischen Union und den USA, in dem US-Präsident Donald Trump mit deutlich höheren Einfuhrzöllen auf Autos droht. Das würde vor allem deutsche Hersteller empfindlich treffen. Um den Streit beizulegen, ist die Europäische Union nun bereit, Industriezölle auf null zu senken, wie gestern Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bestätigte. Dies schließe Einfuhrzölle auf Autos ein, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Der Bundeswirtschaftsminister betont: „Damit wäre auch der Vorwurf ausgeräumt, dass amerikanische Autozölle niedriger als europäische seien.“

Aus EU-Verhandlungskreisen hieß es allerdings in einer ersten Reaktion, dass die Amerikaner kein größeres Interesse an einer Senkung der Zölle hätten. Sie befürchteten, dass dann erst recht europäische Autos auf den US-Markt drängen würden. Der Außenhandelsverband BGA rechnet für das laufende Jahr inzwischen mit einem halb so starken Wachstum wie noch 2018. „Wir gehen davon aus, dass das Exportvolumen in diesem Jahr um 1,5 Prozent steigt“, sagte Holger Bingmann, Präsident des Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). 2018 hatte es noch ein Plus von drei Prozent gegeben.

US-Präsident Trump hatte wiederholt Handelsabkommen als unfair kritisiert. Mitte Mai setzte er angedrohte Sonderzölle auf Einfuhren von Autos aus der EU für ein halbes Jahr aus. In dieser Zeit soll über ein Handelsabkommen verhandelt werden. Bisher verlangen die USA für europäische Autos 2,5 Prozent Einfuhrzoll – die EU kassiert zehn Prozent. Demgegenüber liegt der US-Einfuhrzoll für die in den Vereinigten Staaten so beliebten Pick-ups bei 25 Prozent. Altmaier sagte weiter: „Zudem sind wir bereit, es amerikanischen Exporteuren leichter zu machen, hier erfolgreich zu sein: Sie müssten ihre Erzeugnisse in vielen Fällen nicht mehr nach europäischem Recht zertifizieren.“ Der Minister betonte erneut, die deutsche Autoindustrie habe „enorm in den amerikanischen Markt investiert. Die meisten Autos, die von den USA exportiert werden, sind von deutschen Herstellern gebaut.“

Belastet werden die Geschäfte deutscher Exporteure vor allem durch das schwächere Wachstum des wichtigen chinesischen Marktes und die von US-Präsident Trump angezettelten Handelskonflikte. „Die Verunsicherung wächst durch die von einigen politischen Protagonisten verursachte Unruhe“, sagte Bingmann. Firmen halten sich daher gegenwärtig mit Investitionen zurück, bei Unternehmen gehen als Folge weniger Bestellungen ein.

Sorgen bereitet den deutschen Exportunternehmen zudem die Zunahme von Handelshemmnissen. „Dabei geht es nicht nur um Zölle, sondern auch um sogenannte nichttarifäre Hemmnisse, zum Beispiel technische Vorschriften“, erläuterte Bingmann. Gerade letztere hätten stark zugenommen. „Manche Länder versuchen damit, heimische Branchen vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Wir sehen das mit Schrecken, für das Tagesgeschäft ist diese Entwicklung sehr belastend.“ Trotz einer andauernden Konjunkturflaute wird der deutsche Arbeitsmarkt nach Ansicht von LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert stabil bleiben. Die Unternehmen dürften vor Entlassungen zurückschrecken und eher das Instrument der Kurzarbeit nutzen, sagte der Ökonom der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gestern.

Burkert rechnet mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung. Auch das dritte Quartal 2019 dürfe schwach ausfallen. Ökonomen sprechen von einer „technischen Rezession“, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwei Quartale schrumpft. Eine Stütze für die Konjunktur sei die extrem lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Burkert rechnet damit, dass sich die EZB an den Zielen der US-Notenbank Fed orientiert.

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