Kino „Ist Herbert da, bleibt die Zeit stehen“

Neunkirchen · Der 7. Günter Rohrbach Filmpreis wurde am Freitag in der Neunkircher Gebläsehalle vergeben. Valeska Griesebachs Film „Western“ gewann gleich zwei Mal.

Zum siebten Mal große Gala in Neunkirchen
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Zum siebten Mal große Gala in Neunkirchen

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Falsche Bescheidenheit ist unschön – gut, dass Herbert Knaup sie meidet. „Ich danke der Jury für die großartige Entscheidung, mich zu wählen“, sagte der Schauspieler, als er beim Günter Rohrbach Filmpreis die Auszeichnung des SR entgegennahm. Prämiert wurde er für den ARD-Film „Toter Winkel“ (im Mai ausgestrahlt), in dem er einen Vater spielt, dessen Sohn zum rechtsextremen Terroristen wird. Knaup war selber erstaunt, sagte er, wie viel Regisseur Stephan Lacant aus ihm herausgeholt habe, weil der ihm „die übliche Routine“ verbot. Dieses Spezialpreis sei ja auch eine Art Preis fürs Lebenswerk, sagte Knaup und befand völlig zurecht: „Nach 40 Jahren harter Arbeit ist endlich mal so ein Preis fällig“.

Es war ein gewohnt gelungener Abend in der vollen Gebläsehalle in Neunkirchen, wo der Günter Rohrbach Filmpreis in sein siebtes Jahr ging, moderiert von Sabrina Staubitz und in Anwesenheit des Namensgebers, Produzent  Günter Rohrbach (89) aus Neunkirchen. Der große Gewinner ist Valeska Griesebachs „Western“, über deutsche Bauarbeiter, die in Bulgarien ein Wasserkraftwerk bauen und durch ihre Präsenz mit Deutschlandfahne und libidinöse Kontaktsuche das dörfliche Leben aus der Balance bringen.  Griesebach, mit dem Hauptpreis ausgezeichnet, hat den vielgelobten Film mit Laiendarstellern gedreht: „Es war ein Abenteuer.“ Jury-Präsidentin Nicolette Krebitz, 2016 hier für ihren Film „Wild“ ausgezeichnet (und 2011 für ihre Rolle in „Unter dir die Stadt“), lobte den „liebevollen Blick auf Männer, die ausprobieren, auch mal ein anderer Mann zu sein“.

Die Darstellerpreise gingen an Mimen aus improvisiert entwickelten Filmen: Lana Cooper aus der Mutter-Tochter-Geschichte „Beat Beat Heart“ und Andreas Lust aus dem Film „Casting“, über Besetzungsirrsinn und Ego-Kollisionen bei einem geplanten Film. Improvisiert wirkten auch die Dankesreden. Cooper ließ sich immerhin entlocken, dass sie vor Jahren bei Kurzfilmdreharbeiten in Neunkirchen 200 Euro „in einer Daddelhalle“ gewonnen hat. Lust bemerkte, „vielleicht hätte ich mir was aufschreiben sollen“ und streichelte die lokale Seele: „Eine schöne Gebläsehalle habt Ihr hier.“

 Große Gala zur siebten Filmpreisverleihung in der Gebläsehalle.

Große Gala zur siebten Filmpreisverleihung in der Gebläsehalle.

Foto: Elke Jacobi/Ida Jacobi

Mehr Ambition hatten die Lobreden, hatte man dazu doch Kollegen der Preisträger eingeladen, die sich sehr individuell ans Werk machten: Schauspielerin Jeanette Hain etwa, die in charmant esoterischem Duktus Knaup lobte, der beim Spiel ganze Seelenlandkarten zeichne; „wenn Herbert da ist, bleibt die Zeit stehen.“ Nicolas Wackerbarth, Regisseur von „Casting“, hielt die Laudatio auf „Western“-Kameramann Bernhard Keller, mit dem er auch schon gearbeitet hat. Ihre gemeinsame Film-Arbeit war wohl manchmal nachweislich schweißtreibend: „Ich weiß, wie Du riechst, und Du weißt, wie ich rieche“. Das klingt fast wie ein Filmtitel.

Herzhaft diskutieren konnte man zumindest über einen Preis – den für das Drehbuch zu „Willkommen bei den Hartmanns“, Simon Verhoevens für den Europäischen Filmpreis nominierter, aber glatter  Komödie über Flüchtlinge und bröckelnde Willkommenskultur. Verhoeven blieb fern, sein Darsteller Eric Kabongo nahm den Preis entgegen.

Eine Freude war die Musik: Burkhart Klaußner, 2015 hier für seine Rolle in „Der Staat gegen Fritz Bauer“ ausgezeichnet, spielte mit  Band „Zum Klaußner – die musikalische Reisegaststätte der bedenkenlosen Art“ Musik von Peter Igelhoff („Wenn ich vergnügt bin, muss ich singen“) und Charles Trenet. Schöne Schmankerl. Ein Besuch Klaußners mit einem ganzen Programm wäre sehr willkommen.

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