Konflikte hinter Klostermauern

Saarbrücken · „Dialogues des Carmélites“ ist die einzige Oper, die Francis Poulenc geschrieben hat. Die Handlung ist in einem Karmeliterkloster zur Zeit der Französischen Revolution angesiedelt. Heute Abend hat eine Fassung der Oper für Klavier und Orgel in Saarbrücken Premiere – eine Koproduktion der Musikhochschule und des Staatstheaters.

 Hannah Meyer als Priorin und Lisa Stoeckens als Hauptfigur Blanche (unten), Aufnahme aus den Proben. Foto: Karger

Hannah Meyer als Priorin und Lisa Stoeckens als Hauptfigur Blanche (unten), Aufnahme aus den Proben. Foto: Karger

Foto: Karger

Die junge Adelige Blanche erschrickt vor jedem Schatten. So tief sitzen ihre Ängste, dass sie ins Kloster flüchtet, um zumindest vor der Außenwelt sicher zu sein. Die Nonnen des Karmeliterordens erörtern in langen Gesprächen Glaubensfragen von Märtyrertod bis Schuldübernahme, äußerer Bedrohung entgehen sie jedoch keineswegs. Francis Poulencs Oper "Les dialogues des Carmélites" wurde 1957 in Mailand uraufgeführt, das Libretto folgt einer Romanbearbeitung von Georges Bernanos. Die unbeugsamen Nonnen, die singend aufs Schafott gingen, gab es 1794 während der Schreckensherrschaft der Französischen Revolution tatsächlich. Regisseurin Solvejg Bauer inszeniert für diese erstmalige Kooperation von Staatstheater und Musikhochschule sparsam in Bühnenbild und Requisite, um zwischen "virtuellen Wänden" den Glauben, weder greifbar noch beweisbar, in einer Art Geistraum theatral darzustellen. "Vom Weltlichen losgelöste Körperlichkeit" - das ist viel verlangt von den Studenten der Musikhochschule, alle Semester der Gesangsklassen sind vertreten. Zu Beginn des Studiums baue man sein "Instrument", suche die eigene Stimme, den Klangstrom, erklärt der musikalische Leiter, Hochschulprofessor Hans-Jörg Neuner. Überrascht reagierten die Sängerinnen, als in der Vorbereitung "das Wort und nicht der schöne Ton im Mittelpunkt" stand. Die Musik Poulencs - tonal gebunden mit Zwölftonelementen - verführe dazu, aber man dürfe, so Solveig Bauer, "nicht hineinfallen, ohne wirklich zu begreifen, worum es geht". Für die Studenten ein wichtiger Lernprozess, denn heute gebe es den "Rampensänger" - vorne an der Bühne stehend und singend, von der Maske alt oder jung geschminkt - nicht mehr. Opernsänger müssten spielen können, dem "Typ-Casting" der Opernhäuser gewachsen sein, ergänzt Neuner. In der Alten Kirche wird eine Fassung für Orgel und Klavier gespielt, für Orgel , Klavier , Guillotine und Glocke! Poulencs "Filmmusik" biete sich für filmische Inszenierung an, Anleihen bei den Kirchentonarten bewirkten einen geistlichen Habitus. Die Klostermauern verhindern nicht die "in großen Bildern stattfindenden existenziellen Kämpfe" um Fragen von Tod, Angst und Lebensflucht.

Premiere: Heute Abend, 19.30 Uhr in der Alten Kirche St. Johann in Saarbrücken . Weitere Vorstellungen (jeweils 19.30 Uhr: 17., 18. und 19. Oktober). Karten gibt es unter Tel. (06 81) 3 09 24 86.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort