Alexa und Siri hören mit Die Geheimnisse der Sprachassistenten

Berlin · In diesem Jahr kam ans Licht, dass Gesprächsmitschnitte von Alexa, Siri und Co. auch der Hersteller anhören konnte.

 Wer einen vernetzten Lautsprecher mit Sprachassistent in seinem Wohnzimmer aufstellt, muss damit rechnen, dass Mitarbeiter des Herstellers alles mithören können.

Wer einen vernetzten Lautsprecher mit Sprachassistent in seinem Wohnzimmer aufstellt, muss damit rechnen, dass Mitarbeiter des Herstellers alles mithören können.

Foto: dpa-tmn/Franziska Gabbert

Sprachassistenten, die sich in den vergangenen Jahren über vernetzte Lautsprecher von Amazon oder das iPhone von Apple ausbreiteten, galten mal als die Zukunft, mal als halbgare Spielerei. In diesem Jahr kam ein unangenehmes Geheimnis der Branche ans Licht. Damit die Software die Nutzer richtig verstehen kann, müssen immer wieder Aufzeichnungen von Gesprächen nachträglich von Menschen angehört werden. Den weitaus meisten Nutzern war das nicht bewusst. Das lag auch daran, dass diese wichtigen Informationen bestenfalls irgendwo im Kleingedruckten erwähnt wurden.

Im April berichtete der Finanznachrichtendienst Bloomberg, dass einige Mitschnitte von Unterhaltungen mit Amazons Assistenzsoftware Alexa an verschiedenen Standorten ausgewertet werden, unter anderem in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts, in Costa Rica, Indien und Rumänien. Ein Mitarbeiter aus Boston sagte, er habe zum Beispiel Aufzeichnungen mit den Worten „Taylor Swift“ analysiert und sie mit der Anmerkung versehen, dass die Nutzer die US-Popsängerin meinten.

Andere Angestellte erinnerten sich, wie sie in den Aufnahmen Kinder ihre Adressen und Telefonnummern sagen hörten, jemand Sexspielzeug orderte und einsame Leute Alexa ihre Geheimnisse und Ängste anvertrauten. Nach und nach wurde klar, dass der iPhone-Konzern Apple mit seiner Sprachassistentin Siri und der Internetkonzern Google mit seinem Google Assistant ähnlich verfahren.

Die Anbieter stehen vor einem realen Problem. Nutzer erwarten, dass ein Sprachassistent sie optimal versteht. Aber wie verbessert man die Software bei Fehlern, wenn man nicht genau weiß, wo und wie sich das Programm geirrt hat? Das sei insbesondere wichtig bei speziellen Fällen wie Dialekten oder Akzenten, die man schlecht mit einem generellen Anlernen der Programme abdecken könne, heißt es in der Branche.

Ein ebenso schwieriger Fall ist es, wenn sich die Sprachassistenten ungewollt einschalten, weil sie fälschlicherweise glauben, ihr Signalwort wie „Alexa“ oder „Hey, Siri“ gehört zu haben. Um solche Fehler zu beheben, ist es für die Entwickler wichtig, zu wissen, welche Laute oder Situationen genau zu dem Missverständnis führten, um die Software entsprechend anzupassen.

Allerdings sind die Aufzeichnungen nach fehlerhaften Auslösungen auch potenziell besonders bedenklich aus Sicht des Datenschutzes. Denn sie enthalten Sätze, die höchstwahrscheinlich nicht für den Sprachassistenten bestimmt waren, sondern aus Unterhaltungen zwischen den Nutzern stammen dürften. Der Mitarbeiter eines Apple-Dienstleisters erzählte der britischen Tageszeitung „The Guardian“, auf den Aufnahmen seien zum Teil sehr private Details zu hören. So schnappe Siri auch Fragmente von Gesprächen mit medizinischen oder geschäftlichen Inhalten, mögliche kriminelle Aktivitäten oder auch Nutzer beim Sex auf, sagte er.

Nach den Enthüllungen war die bisherige Praxis nicht mehr aufrechtzuerhalten. Der Apple-Konzern, für den die Kritik angesichts des jahrelangen Datenschutzversprechens besonders schmerzhaft war, zog als erster die Reißleine und kündigte an, Aufnahmen nur noch nach ausdrücklicher Erlaubnis der Nutzer von Menschen auswerten zu lassen. Zudem geschehe das nur noch beim Unternehmen selbst und nicht mehr bei externen Dienstleistern. Auch Google entschied sich dafür, stets die Zustimmung des Nutzers einzuholen.

Amazon hingegen wählte eine andere Lösung. Bei dem US-Onlinehändler können Nutzer einer Verwendung ihrer Mitschnitte zwar widersprechen, die Zustimmung wird aber immer zunächst vorausgesetzt. Amazon sieht darin laut eigenen Angaben die bessere Lösung für die Nutzer. Dieses Vorgehen sei notwendig, damit die Sprachassistenten möglichst schnell verbessert werden können. Einer Aussage des Konzerns zufolge werde die Beteiligung von Menschen zur Weiterentwicklung der Technik eines Tages nicht mehr gebraucht werden. Noch sei das aber notwendig. Zugleich seien die Reaktionen in den Medien stärker gewesen als bei den Nutzern. Die Kunden hätten nicht aufgehört, Alexa zu nutzen, heißt es von Amazon.

Allerdings gibt es auch Anzeichen dafür, dass bei weitem nicht alle umgeben von Mikrofonen leben wollen. Der US-amerikanische Technikkonzern Sonos, der vor allem für seine Lautsprechersysteme bekannt ist, hat im Herbst den vernetzten Lautsprecher Sonos One in einer Version ohne Mikrofon veröffentlicht. Laut eigenen Angaben hatte der Konzern damit gerechnet, dass er künftig in alle seine Geräte Mikrofone einbauen werde. Es habe sich aber herausgestellt, dass nicht alle Nutzer sich damit wohlfühlen.

(dpa)
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