Chat-Gespräche mit verhängnisvollen Folgen

Berlin · Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung fordert einen besseren Schutz für Kinder und Jugendliche im Internet. Die Dimension der sexuellen Gewalt übers Netz wird nach Ansicht von Experten unterschätzt. Um ihre Kinder zu schützen, sollten Eltern das Thema offen ansprechen.

 Im Internet lauern besonders für Kinder und Jugendliche Gefahren. Eltern sollten das Online-Verhalten ihres Nachwuchses deshalb aufmerksam beobachten.

Im Internet lauern besonders für Kinder und Jugendliche Gefahren. Eltern sollten das Online-Verhalten ihres Nachwuchses deshalb aufmerksam beobachten.

Foto: dpa

Seit gestern muss sich ein Niederländer wegen der Erpressung dutzender Mädchen mit Nacktaufnahmen vor Gericht verantworten. Der 38-Jährige hatte sich im Internet als junge Frau ausgegeben, zu 34 Mädchen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und sie dazu gebracht, nackt vor der Webcam zu posieren. Danach habe der Mann, so die Staatsanwaltschaft, die Mädchen mit den Aufnahmen erpresst, um sie zu sexuellen Handlungen vor laufender Kamera zu zwingen.

Fälle wie der aus den Niederlanden sind keine Seltenheit. Nach Angaben der Organisation Innocence in Danger gibt es allein in Deutschland über 700 000 Erwachsene, die sexuelle Online-Kontakte zu Kindern aufgebaut haben. Die Organisation setzt sich für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch im Internet ein. Die Dimension des Problems werde in der Öffentlichkeit unterschätzt. Auch der unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, macht auf das Problem aufmerksam. Er forderte, dass sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche über das Internet auch mit den Mitteln des Strafrechts wirksamer bekämpft werden müsse. Schon der Versuch des sogenannten Cyber-groomings, das Ansprechen Minderjähriger im Netz mit dem Ziel sexueller Kontakte, müsse bestraft werden.

Doch auch Eltern können ihre Kinder vor den Gefahren des Cybergroomings schützen. Dazu sei es vor allem wichtig, das Thema offen anzusprechen und das Online-Verhalten der Kinder aufmerksam zu begleiten, erklärt Kristin Langer von der Initiative "Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht". Die Initiative wird unter anderem vom Bundesministerium für Familie getragen. "Eltern sollten Internetdienste zusammen mit ihren Kindern testen und altersgerechte Angebote auswählen", sagt Langer.

Es gebe eine Reihe von Anhaltspunkten, bei denen Kinder misstrauisch werden sollten. Etwa wenn ein Chat-Partner sehr viele Komplimente macht oder fragt, wo der Computer des Kindes steht und ob es alleine davor sitzt. Ein weiteres Indiz könne sein, wenn der Chat-Partner rät, niemandem von der Freundschaft zu erzählen. In solch einem Fall sei es wichtig, dass Kinder ihre Eltern ansprechen. "Eltern sollten mit dem Kind vereinbaren, dass es sich bei Problemen an sie wendet, ohne Verbote fürchten zu müssen", sagt Langer. Grundsätzlich müssten Eltern darüber hinaus die Sicherheitseinstellungen an Geräten überprüfen und Kinder über Risiken bei der Veröffentlichung privater Daten aufklären.

Gefahr bei Online-Spielen

Thomas-Gabriel Rüdiger von der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg warnt unterdessen, dass Täter sich nicht mehr nur in Chat-Programmen tummelten, sondern auch in auf den ersten Blick unverdächtigen Online-Spielen.

Im Dezember sei etwa ein Koch in Düsseldorf wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Jungen aus der Schweiz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Täter und Opfer hätten sich über das Onlinespiel Minecraft kennengelernt. Erfahren Eltern von Belästigungen sollten sie Beweise sichern, Verstöße dem Betreiber melden und sich in schweren Fällen an Beratungsstellen wenden und die Polizei kontaktieren, rät "Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht".

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