Stummfilmmusik von einst: Alle Hände voll zu tun

Saarbrücken. Was hat Stummfilmbegleitung eigentlich mit Alter Musik zu tun? Die Frage liegt nahe, gehörte der Stummfilmabend am Montag im Saarbrücker Filmhaus doch zum Programm der Tage Alter Musik im Saarland (Tamis). Pianist Joachim Fontaine stellte die Frage rhetorisch und beantwortete sie - gemeinsam sei beiden, dass der "Faden der Tradition" gerissen sei

Saarbrücken. Was hat Stummfilmbegleitung eigentlich mit Alter Musik zu tun? Die Frage liegt nahe, gehörte der Stummfilmabend am Montag im Saarbrücker Filmhaus doch zum Programm der Tage Alter Musik im Saarland (Tamis). Pianist Joachim Fontaine stellte die Frage rhetorisch und beantwortete sie - gemeinsam sei beiden, dass der "Faden der Tradition" gerissen sei. Die heutige Live-Begleitung von Stummfilmen habe mit deren Glanzzeit nur noch wenig gemein - damals hätten Kinopaläste mit bis zu 6000 Plätzen ihr eigenes Orchester gepflegt, 100 Musiker seien keine Seltenheit gewesen. Nicht jeder Film damals hätte das Budget für eigene Kompositionen gehabt, und so hätten Orchester oder Solopianisten bei vielen Produktionen ein Potpourri aus Musik anderer Filme gespielt.

Dementsprechend hatte Fontaine für den Abend ein Programm historischer Stummfilmkompositionen zusammengestellt, mit dem er Jacques Feyders Film "Visages d'enfants (Kindergesichter)" begleitete. Die Produktion von 1925 hatte Filmhausleiter und Stummfilm-Experte Michael Jurich vorgeschlagen, der kurz in den Film einführte, den Feyder, ungewöhnlich für seine Zeit, fernab von Ateliers am Ort der Handlung drehte: in den Schweizer Bergen, wo sich die berührende Geschichte eines Jungen abspielt, der mit dem Tod der Mutter und der neuerlichen Heirat des Vaters fertig werden muss. Ein kraftvoller Film mit heute noch modern wirkender Montage und einem dramatischen Finale zwischen Lawine und Wasserfall.

Pianist Fontaine hatte buchstäblich alle Hände voll zu tun, lyrische Passagen waren seltener als manchmal hämmernde Dramatik - Musik, die im Konzerthaus wohl deplatziert wirken würde, hier aber genau das tat, was sich Fontaine eingangs gewünscht hatte: Sie ging eine vollkommene Synthese mit dem Film ein, dessen zweistündige Laufzeit Fontaine Kondition abverlangte, wie er zugab: "Das ist länger als ein Klavierkonzert von Rachmaninow." tok Foto: SZ

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