Ruhe bewahren

Meinung · Die internationalen Börsen werden seit Tagen kräftig durchgeschüttelt. Alle wichtigen Indizes - der deutsche Dax, der amerikanische Dow Jones, der japanische Nikkei - rauschten schwungvoll in den Keller. Zum Wochenschluss war ein Ende der Talfahrt nicht abzusehen

Die internationalen Börsen werden seit Tagen kräftig durchgeschüttelt. Alle wichtigen Indizes - der deutsche Dax, der amerikanische Dow Jones, der japanische Nikkei - rauschten schwungvoll in den Keller. Zum Wochenschluss war ein Ende der Talfahrt nicht abzusehen. Die Kursgewinne, die seit Anfang des Jahres so manches Aktionärsherz höher schlagen ließen, sie sind in dieser Woche schlicht verdampft.Ist es mal wieder so weit, dass an den Aktienmärkten die finanzielle Kernschmelze droht? Müssen die Anleger - wie nach dem Platzen der Internet-Blase vor zehn Jahren - die Scherben ihres Vermögens aufsammeln, weil sich die Talfahrt fortsetzt? Diese Fragen dürfte sich mancher stellen, der um seine Unternehmenspapiere bangt. Die Propheten Kassandras versorgen die Ängstlichen mit reichlich Nahrung. Die schleppende Konjunktur im hoch verschuldeten Amerika wird dabei ins Feld geführt. Auch die Schuldenkrise, die den Euroraum belastet, dringt als Moll-Sonate ins Ohr.

Aktienmärkte sind keine Schönwetter-Veranstaltungen. Wer sein Geld in Firmenwerten investiert, muss damit rechnen, auch mal in einen Wildwasserstrudel zu geraten. Gute Nerven sind hier gefragt. Vor allem aber muss man gelegentlich Geduld mitbringen, bis sich die Kurse wieder erholt haben. Daher sollten Anleger in Aktien nur Beträge investieren, die sie auf absehbare Zeit nicht benötigen. Fest steht aber auch: Die Situation ist eine deutlich andere als vor zehn Jahren. Die Mehrzahl der an den großen Börsen notierten Konzerne hat inzwischen belastbare Strukturen. Bei den meisten dürften auch im nächsten Jahr wieder zufriedenstellende Dividenden fließen. Und der Börsenkurs spiegelt häufig den wirklichen Marktwert der Konzerne wider - von einer Blasenbildung war man in den vergangenen Jahren weit entfernt.

Zudem sollten die Anleger nicht vergessen, dass mancher Kursrutsch der vergangenen Tage nur deshalb Fahrt aufnahm, weil der Handel inzwischen ausschließlich über Computer läuft. Viele Programme lösen automatisch eine Verkaufsorder aus, wenn in der Abwärtsbewegung der Kurse bestimmte Werte unterschritten werden. Dass dennoch viele Anleger an die Börse glauben, sieht man an der Tatsache, dass wieder verstärkt neue Firmen aufs Parkett drängen. Es sind Große dabei wie der Chemie-Konzern Evonik oder der Beleuchtungs-Spezialist Osram. Und bislang wurde kein Börsenstart abgesagt oder verschoben.

Daher sollten Aktionäre jetzt Ruhe bewahren und sich vor hektischen Verkäufen hüten, ohne das Marktgeschehen aus dem Blick zu verlieren. Wenn etwa die Auto-Konjunktur abkühlt, sollte man schon darüber nachdenken, ob der eine oder andere Branchenwert noch ins Depot passt. Aber das ist Tagesgeschäft. Mit Wohl und Wehe des Börsenparketts hat es nichts zu tun.

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