Neuer Höhenrausch an US-Börsen

Washington. Produzieren die US-Finanzmärkte wieder eine neue gefährliche Blase oder kündigt die rasante Aufholjagd der Aktien-Indizes eine breitere Erholung der US-Wirtschaft an? Die Marktbeobachter sind sich am Ende eines turbulenten Jahres an der Wall Street alles andere als einig

Washington. Produzieren die US-Finanzmärkte wieder eine neue gefährliche Blase oder kündigt die rasante Aufholjagd der Aktien-Indizes eine breitere Erholung der US-Wirtschaft an? Die Marktbeobachter sind sich am Ende eines turbulenten Jahres an der Wall Street alles andere als einig. Wenngleich sich zurzeit mehr Bullen finden lassen, die optimistisch in die Zukunft schauen, als Bären, die skeptisch bleiben. Der Dow Jones Index stürzte von seinem einstigen Hoch im Herbst 2007 bei 14 164 Punkten innerhalb weniger Wochen auf 6547 Punkte ab. Am 9. März erreichte die Talfahrt des Dow seinen Tiefpunkt. Von da an ging es fast so atemberaubend bergauf. Zur Jahreswende holte der Dow mehr als 60 Prozent auf. Etwas mehr als ein Jahr nach der Pleite von Lehman Brothers durchbrach der Dow Mitte Oktober die psychologisch wichtige Grenze von 10 000 Punkten, zurzeit notiert er bei rund 10 500 Punkten. Wie in Hollywood löst auch an der Wall Street die Fortsetzung eines Hits nicht dieselbe Begeisterung aus wie das Original. Bei nüchterner Betrachtung realisierten die Analysten nämlich, dass sie auf eine verlorene Dekade zurückblicken. Wer vor zehn Jahren einen Dollar in ein Dow-Zertifikat investiert hatte, erhält Ende 2009 seinen Einsatz nicht zurück. Die Kleinanleger ließen sich 2009 nicht von der neuen Euphorie der Märkte anstecken. Nach Angaben des "Investment Company Institute", das die Investitionsströme von Aktienfonds verfolgt, in die Privatpersonen ihr Geld meist an der Börse anlegen, fließt weiterhin mehr Geld aus dem US-Aktienmarkt ab als hinzukommt. Angetrieben wird die "Rally" an der Wall Street von den großen Banken sowie institutionellen Anlegern wie Pensionsfonds und Hedgefonds. Diese nutzten die in den Markt gepumpte Liquidität der US-Notenbank, um Aktien zum Sonderangebotspreis zu kaufen. Erfahrene Beobachter wie der Kolumnist Steven Pearlstein warnen: "Die alten Blasen dürfen nicht wieder aufgepumpt werden", schreibt er in der "Washington Post". Damit gemeint ist die Geldpolitik der US-Notenbank Fed, die den Markt in der Finanzkrise mit billigem Geld überschwemmte. Dies sei richtig und nötig gewesen, um eine Katastrophe abzuwenden. "Wenn die Notenbank aber nicht damit beginnt, diese Liquidität abzuziehen, steht sie in der Gefahr, die alten Blasen wieder zu füllen, die uns überhaupt erst in die Krise gebracht haben." Notenbank-Chef Ben Bernanke sieht die Gefahren, erkennt in der verbesserten Laune bei institutionellen Anlegern aber mehr Licht als Schatten. Er sieht die Aktienmärkte als Vorboten für die Erholung einer Volkswirtschaft, die Anfang des Jahres noch in den Abgrund starrte. Viele Analysten teilen den Ausblick Bernankes. Die als Gradmesser geltende Umfrage unter 140 Herausgebern von Newslettern für den Finanzmarkt stellt fest, wie hoffnungsvoll das Jahr 2009 zu Ende geht. Die optimistischen Vorhersagen sehen ein Wachstumspotenzial bis zu 20 Prozent im Börsenjahr 2010. Behalten die Bullen Recht, gibt es Anlass, entspannter in die Zukunft zu schauen. Historisch gesehen nehmen die Aktienmärkte den Trend für den Rest der Wirtschaft vorweg.

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