Kohl-Reigen mit Schäubles Stempel

Berlin. Schon beim Karlsruher CDU-Parteitag im November 2010 setzte die Junge Union durch, eine Sonderbriefmarke mit dem Konterfei von Altkanzler Helmut Kohl zu veröffentlichen. Seitdem hoffen die glühenden Kohl-Fans, dass das Bundesfinanzministerium endlich tätig wird. Jetzt ist es soweit.Der Oggersheimer, dessen 16 Jahre andauernde Kanzlerschaft am 1

Berlin. Schon beim Karlsruher CDU-Parteitag im November 2010 setzte die Junge Union durch, eine Sonderbriefmarke mit dem Konterfei von Altkanzler Helmut Kohl zu veröffentlichen. Seitdem hoffen die glühenden Kohl-Fans, dass das Bundesfinanzministerium endlich tätig wird. Jetzt ist es soweit.Der Oggersheimer, dessen 16 Jahre andauernde Kanzlerschaft am 1. Oktober vor 30 Jahren begann, wird nach Informationen unserer Zeitung am 11. Oktober als Briefmarke ausgegeben. Der Vorsitzende der Jungen Union und Bundestagsabgeordnete, Philipp Mißfelder, ist darüber beglückt. Das sei eine "wunderbare Geste des Respekts gegenüber seinem nimmermüden Einsatz für Frieden und Freiheit", so Mißfelder auf Nachfrage. Doch ganz frei von Komplikationen ist die Aktion nicht.

Denn ausgerechnet Wolfgang Schäuble ist Bundesfinanzminister und somit qua Amt für die Briefmarken zuständig. Schäuble galt früher als Kronprinz Kohls, wurde vom damaligen Kanzler dann aber ausgebootet. Die Ende 1999 aufgedeckte CDU-Spendenaffäre zerrüttete das Verhältnis beider vollends - bis heute. Im Finanzministerium heißt es, es sei noch unklar, ob Schäuble die 55-Cent-Marke, die in einer Auflage von fünf Millionen Stück erscheinen soll, selbst präsentieren wird. Zwar überlässt Schäuble die Vorstellung von "Sonderpostwertzeichen" gerne seinem Staatssekretär Hartmut Koschyk (CSU). Ab und an übernimmt der Minister diese ehrenvolle Aufgabe aber selbst. So wie zuletzt für den Humoristen Loriot.

Noch ist geheim, welches Kohl-Foto die Marke zieren wird. Aufschrift soll aber sein: "Helmut Kohl - Kanzler der Einheit - Ehrenbürger Europas." Die Briefmarke ist freilich nur ein eher kleiner Akt im Rahmen der diesjährigen Kohl-Festspiele, die von der "Bild" schon jetzt nach Leibeskräften medial begleitet werden. In dieser Woche wurde dem gesundheitlich angeschlagenen 82-Jährigen sozusagen zum Auftakt des Jubiläumsjahres bereits gehuldigt: in Bonn bei der ersten Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dort fand der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog als Festredner allerdings durchaus auch kritische Untertöne zum "System Kohl". Gleichwohl ist klar: Beim anstehenden Jubelreigen wird es um die historischen Verdienste für die deutsche Einheit und die europäische Einigung gehen, nicht aber um Verfehlungen. Höhepunkt wird ein Festakt am 27. September in Berlin sein. Sprechen wird unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel, die als CDU-Generalsekretärin Kohl während der Spendenaffäre den Stuhl vor die Parteitür stellte. Und womöglich Kohl selbst - wenn es sein angeschlagener Gesundheitszustand denn zulässt.

Meinung

Als Ikone

nicht tauglich

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Im Leben gilt: die Zeit heilt alle Wunden. In der Politik ist das schwieriger, vor allem, wenn es um Helmut Kohl geht. Seine Verdienste um die Einheit und die Europäische Einigung sind unbestritten. Trotzdem: Am Altkanzler kleben bis heute die Spendenaffäre und sein Umgang damit wie eine Klette. Zur Ikone taugt der Machtmensch Kohl, häufig verspottet, oft unterschätzt, deshalb nicht. Auch wenn sie es in der Union gerne anders hätten.

An ihm scheiden sich immer noch die Geister. In diesem Jahr wird er bejubelt werden von den Christdemokraten. Kohl, der Name steht auch für die Sehnsucht nach dem, was der Partei unter Angela Merkel scheinbar verloren gegangen ist - ein konservatives Gewissen der Republik zu sein, schlichtweg die gute alte Zeit der CDU. Viel wird verklärt werden in den nächsten Monaten. Angela Merkel wird dabei mithelfen - und sie wird das Jubiläum für sich zu nutzen wissen. Am Ende könnte sie sogar die Gewinnerin der Kohl-Festspiele werden. Eine Ironie der Geschichte.

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