Klimawandel auf den Fidschis Im Paradies wird das Wasser zum Feind

Narikoso · Für zwei Wochen tagt die Weltklimakonferenz in Bonn. Den Vorsitz haben die Fidschi-Inseln – die längst wissen, was der Klimawandel anrichtet.

 Im Dorf Narikoso auf der Fidschi-Insel Ono (oben) haben sie Schutzwälle angelegt. Doch das steigende Pazifik-Wasser gefährdet die Küsten weiter (unten). Die Fidschis sind Gastgeber der Klimakonferenz, die heute in Bonn startet.

Im Dorf Narikoso auf der Fidschi-Insel Ono (oben) haben sie Schutzwälle angelegt. Doch das steigende Pazifik-Wasser gefährdet die Küsten weiter (unten). Die Fidschis sind Gastgeber der Klimakonferenz, die heute in Bonn startet.

Foto: dpa/Christoph Sator

Das Dorf Narikoso auf Ono, einer von mehr als 300 Inseln des Pazifikstaats Fidschi, hat alles, was es zu einem Südsee-Paradies braucht: Strand, Palmen, blaues Meer. Nur, dass es vom Wasser mittlerweile zu viel wird. Bei Flut steht der Pazifik in Narikoso nun direkt vor den Häusern. Grund dafür: der steigende Meeresspiegel. Hier kann man sehen, was der Klimawandel ist.

Kelepi Saukitoga, seine Frau Muriani und die vier Söhne werden deshalb umziehen müssen – weg vom Meer, ein paar hundert Meter weiter ins Innere der Insel. „Wir haben auf Fidschi ein Sprichwort: ‚Das Wasser trennt die Inseln nicht, es verbindet sie’“, sagt der 40-Jährige. „Aber irgendwann ist es für uns zum Feind geworden.“ Jetzt will Saukitoga mit seiner Familie nur noch weg. Man kann das verstehen: Das Fundament seines Hauses ist kaputt. Überall sind Risse. In den Mauern steckt die Feuchtigkeit. Die Erde draußen schlägt Blasen, so schwer ist sie mit Wasser getränkt. Der Boden ist völlig versalzen. Hier wächst schon lange nichts mehr. Vom Müllhaufen nebenan schwimmt Dreck heran.

Die neue Unterkunft, in die die Saukitogas nächstes Jahr einziehen wollen, liegt auf einem Hügel. Mit ihnen sollen in einem ersten Schritt sechs andere Familien neue Häuser bekommen. Narikoso ist nur eines von insgesamt 42 Dörfern, die Fidschis Regierung auf absehbare Zeit ganz oder teilweise verlegen will. Experten schätzen, dass es mehr als hundert sein werden. Fidschi gehört zu den Ländern, die unter dem Treibhauseffekt besonders leiden. Seit 1993 stieg der Meeresspiegel hier pro Jahr um durchschnittlich sechs Millimeter – also fast schon 15 Zentimeter. Wenn nichts getan wird, wird das Wasser zum Ende des Jahrhunderts vermutlich 1,40 Meter höher stehen. Aber selbst wenn das Pariser Klimaabkommen umgesetzt würde, wären es noch 65 Zentimeter.

Trotz allem ist das Interesse im Rest der Welt gering, zumal es Fidschi in der Region noch verhältnismäßig gut geht. Das Land hat immerhin Hügel und Berge. Andere Inselstaaten wie Kiribati ragen am höchsten Punkt nur wenige Meter aus dem Wasser. Nun allerdings erhält Fidschi zumindest vorübergehend mehr Aufmerksamkeit: Als erster kleiner Inselstaat führt es den Vorsitz des jährlichen Klimagipfels. Die zweiwöchige Konferenz, die heute beginnt, findet aber nicht hier statt, sondern 16 000 Kilometer weiter, in Bonn. Für 25 000 Teilnehmer reichen trotz Südsee-Tourismus die Zimmer nicht. Zudem – Stichwort CO2-Bilanz – hätte es sich wohl auch nicht gut gemacht, wenn so viele Klimaschützer einmal um die halbe Welt geflogen wären. Wichtigster Grund ist aber, dass am Rhein das UN-Klimasekretariat seinen Sitz hat. Nach dessen Satzung findet der Gipfel in Bonn statt, wenn sich in der Weltregion, die eigentlich an der Reihe wäre (dieses Mal: Asien), kein Gastgeber bereiterklärt. China und Japan lehnten ab. So führt nun Fidschi den Vorsitz, und Deutschland ist Co-Gastgeber.

 ARCHIV - Das Dorf Narikoso auf der Fidschi-Insel Ono, aufgenommen am 19.10.2017. Wegen des steigenden Meerwassers aus dem Südpazifik müssen mehrere Häuser des Dorfes umgesiedelt werden. Deutschland unterstützt die Umsiedlung mit Entwicklungshilfe.     (zu dpa "Land unter - Klimagipfel-Gastgeber Fidschi muss ganze Dörfer verlegen" vom 02.11.2017) Foto: Christoph Sator/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

ARCHIV - Das Dorf Narikoso auf der Fidschi-Insel Ono, aufgenommen am 19.10.2017. Wegen des steigenden Meerwassers aus dem Südpazifik müssen mehrere Häuser des Dorfes umgesiedelt werden. Deutschland unterstützt die Umsiedlung mit Entwicklungshilfe. (zu dpa "Land unter - Klimagipfel-Gastgeber Fidschi muss ganze Dörfer verlegen" vom 02.11.2017) Foto: Christoph Sator/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa/Christoph Sator

Auf die wichtigsten Verursacher der Erderwärmung, die Industriestaaten, sind sie in Narikoso nicht gut zu sprechen. Allerdings wissen die Leute, dass sie auch selbst Schuld tragen. Auch hier wurden über Generationen hinweg Mangrovenwälder abgeholzt, um zu heizen oder zu bauen. „Natürlich sind wir Teil des Problems“, sagt der Fischer Saimono Vatu. „Die Leute haben sich einfach keine Gedanken gemacht.“ Was die Zukunft ihres 250 Jahre alten Dorfes angeht, sind die Leute in Narikoso pessimistisch. „Eines Tages wird das ganze Dorf auf einem Hügel stehen“, meint Saukitoga. „Wenn es überhaupt noch Leute gibt.“

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