Als drei Hirtenkinder die Madonna sahen

Rom · 100 Jahre Fatima-Vision: Papst reist zur Heiligsprechung nach Portugal.

(kna) Wenn Papst Franziskus heute nach Fatima kommt, bringt er ein von vielen ersehntes Geschenk mit: die Heiligsprechung von zweien der drei Seherkinder, die das Wunder von Fatima begründeten. Der Ehren-Akt besiegelt morgen das Ereignis, durch das Francisco (1908-1919) und Jacinta Marto (1910-1920) gemeinsam mit Lucia dos Santos (1907-2005) vor 100 Jahren Kirchengeschichte schrieben.

Den beiden Hirtenkindern Francisco und Jacinta soll am 13. Mai 1917 in der Nähe von Fatima nördlich von Lissabon gemeinsam mit ihrer Cousine Lucia zum ersten Mal die Gottesmutter Maria erschienen sein. Ein "strahlendes Licht" wollten sie gesehen haben. Ein halbes Jahr lang soll sich das Ereignis immer am 13. des Monats wiederholt haben. Das Phänomen zog schon bald Zehntausende Pilger an und machte Fatima zu einem der meistbesuchten Wallfahrtsorte der Welt.

Als "Geheimnisse von Fatima" werden seit damals jene Prophezeiungen bezeichnet, die die Muttergottes den drei Seherkindern gemacht haben soll. Laut einer 1941 verfassten Niederschrift der späteren Ordensfrau Lucia bestand die Prophezeiung aus drei Teilen. Der erste enthielt die Vorhersage eines weiteren Krieges nach dem Ende des Ersten Weltkriegs - was als Voraussage des Zweiten Weltkriegs interpretiert wurde. Das zweite Geheimnis beschrieb eine Bekehrung des orthodoxen Russlands - was später als Zerfall des Kommunismus gesehen wurde. Der dritte Teil der Weissagung blieb geheim, bis Johannes Paul II. ihn am 13. Mai 2000 in Fatima offenbarte. Der Text enthielt die Vision eines "Bischofs in Weiß", der von Schüssen getroffen zusammenbricht. Lucia und Papst Johannes Paul II. sahen darin einen Bezug auf das Papst-Attentat vom 13. Mai 1981.

Trotz der Bedeutung Fatimas für die katholische Kirche hält Papst Franziskus seinen Besuch kurz: Keine 23 Stunden dauert sein Aufenthalt in Portugal. Es heißt sogar, erst ein Zureden von Mitarbeitern habe ihn davon abgebracht, seine Visite zur 100-Jahr-Feier als Tagesreise zu absolvieren. Dabei hätte er sich zumindest auf seinen Vorgänger Paul VI. (1963-1978) berufen können, der als erster Papst nach Fatima kam - anlässlich des 50. Jahrestags der ersten Erscheinung reiste er vormittags an, feierte vor einer unüberschaubaren Menschenmenge eine Messe und flog nach einer ökumenischen Begegnung abends zurück. Ein Grund für die Eile mag in dem schwierigen Verhältnis zur portugiesischen Staatsführung unter dem autoritären Ministerpräsident Antonio de Oliveira Salazar gelegen haben.

Heute Nachmittag wird Franziskus auf dem Luftwaffenstützpunkt Monte Real von Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa erwartet. Weiter geht es mit dem Hubschrauber ins 40 Kilometer entfernte Fatima. Vom Landeplatz im lokalen Fußballstadion - benannt nach Johannes Paul II. - fährt er zum Wallfahrtsheiligtum, wo er am Abend mit Pilgern das tun wird, was die Muttergottes schon vor 100 Jahren den Seherkindern aufgetragen hatte: den Rosenkranz beten.

Morgen vollzieht der Papst dann die Heiligsprechung der beiden Hirtenkinder Francisco und Jacinta, die schon bald nach der Erscheinung an der Spanischen Grippe gestorben waren. Für Lucia dos Santos, die dritte Seherin, läuft derzeit noch das Seligsprechungsverfahren. Für die Heiligsprechungs-Messe mit Franziskus rechnen die Organisatoren mit einer Million Besuchern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort