Praktiker kehrt zurück

Düsseldorf · Praktiker, Hertie, Quelle. Die Namen stehen für Konsumgeschichte Deutschlands – und auch für spektakuläre Pleiten. Junge Online-Firmen nutzen die vertrauten Marken, um schneller an Kunden zu kommen.

 Noch bietet die Internetseite praktiker.de nur Preisvergleiche und Heimwerkertipps. Foto: Kastl/dpa

Noch bietet die Internetseite praktiker.de nur Preisvergleiche und Heimwerkertipps. Foto: Kastl/dpa

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Die Warenhauskette Hertie ging 2008 pleite, das Versandhaus Quelle 2009, die Baumarktkette Praktiker 2013. Doch wer will, kann heute wieder bei Hertie Haushaltswaren einkaufen, bei Quelle Privileg-Waschmaschinen bestellen und bei Praktiker die Preise für Heimwerkerartikel vergleichen. Das Internet hat den gescheiterten Marken ein zweites Leben ermöglicht.

Kein Wunder, findet der Marketingexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU. "Viele alte Marken haben noch nach Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad. Das macht sie für Unternehmen attraktiv. Denn eine völlig neue Marke aufzubauen ist auch im Online-Zeitalter extrem schwierig", sagt er. "Es ist viel leichter, eine bekannte Marke wiederzubeleben - vorausgesetzt, sie löst beim Verbraucher noch positive Assoziationen aus."

Hertie etwa erlebte schon 2013 eine Wiedergeburt als Online-Shop, nachdem sich die Osnabrücker Internet-Unternehmer Nils und Jan Klöker die Namensrechte der Traditionsfirma gesichert hatten. Als Online-Kaufhaus bietet hertie.de nach eigenen Angaben heute über 1,2 Millionen Produkte an - vom Halloween-Kostüm bis zum Holzkohlegrill. "Der Kauf des Namens Hertie hat sich gelohnt. Alle Erwartungen sind getoppt worden", sagt Unternehmenssprecher Klaus-Martin Meyer. So werde Hertie wegen des bekannten Namens auf Preissuchmaschinen häufiger angeklickt.

Das Versandhaus Quelle ist nach der Pleite 2009 ebenfalls nicht für immer verschwunden. Hier übernahm Konkurrent Otto den traditionsreichen Namen. Heute ist quelle.de eine zusätzliche Verkaufsplattform für Haushaltsgeräte, Möbel, Elektronik und Textilien im Otto-Imperium. Die Beibehaltung des Namens Quelle diene nicht zuletzt dazu, "dass Kunden , die auf die alte Traditionsmarke schwören, sich weiterhin da zuhause fühlen können", heißt es im Konzern. Die Rechnung geht wohl auf. Denn im jüngsten Otto-Geschäftsbericht heißt es: Im Vergleich zu 2014 habe Quelle den Umsatz in Deutschland, Österreich und der Schweiz um 20 Prozent gesteigert.

Und der Trend geht weiter. Das jüngste Beispiel für die Wiederbelebung alter Namen ist Praktiker. Die Internet-Unternehmer und Heimwerker-Fans Christoph Kilz und Dirk Oschmann haben sich die Namensrechte der früheren saarländischen Baumarktkette gesichert. "Noch in diesem Jahr wird unter praktiker.de ein Online-Shop starten, der herkömmliche Baumärkte im Sortiment-Umfang deutlich übertreffen wird", kündigt Mitgründer Oschmann an. Bisher beschränkt sich der im blau-gelben Praktiker-Look gehaltene Online-Auftritt auf Heimwerker-Tipps und ein Preisvergleichsportal. Wie viel Zukunft der Markt hat, wird sich noch zeigen müssen. Denn im Internet sind die Praktiker-Rivalen aus alter Zeit wie Obi, Bauhaus oder Hornbach längst mit eigenen Online-Shops präsent. So mahnt Fassnacht: "Die Markenbekanntheit hilft am Anfang, aber sie müssen auch ein Konzept haben, das am Markt bestehen kann."

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