Westerwelle schlägt „Runden Tisch“ vor

Kairo · Als erster westlicher Außenminister seit dem Umsturz vor einem Monat besucht Guido Westerwelle Ägypten. Allen westlichen Appellen zum Trotz steuert das Land am Nil auf eine weitere Konfrontation zu.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat für Ägypten eine Art "Runden Tisch" vorgeschlagen, um nach dem neuerlichen Umsturz auf einen demokratischen Weg zurückzufinden. Bei einem Besuch in Kairo forderte er gestern die verschiedenen Lager zu einem Neuanfang mit "Beteiligung aller politischen Kräfte" auf. Einen Monat nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär mahnte er: "Jetzt ist es notwendig, dass Brücken gebaut werden." Künftige deutsche Finanzhilfen sollen an demokratische Fortschritte geknüpft werden.

Trotz aller Appelle aus dem Ausland ist aber nach wie vor keine Lösung der Krise in Sicht. Für heute rief die Muslimbruderschaft Mursis zu neuen Demonstrationen auf. Mursis Anhänger wollen sich gegen die Räumung von zwei Protestlagern in Kairo wehren. Die vom Militär gestützte Übergangsregierung gab dafür bereits grünes Licht. Beobachter befürchten neue Gewalt.

Nach der Absetzung des gewählten Präsidenten am 3. Juli war Westerwelle der erste westliche Außenminister, der zu Besuch nach Kairo kam. Neben Übergangspräsident Adli Mansur traf er Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, der als der eigentlich starke Mann gilt. Auf dem Programm stand aber auch ein Treffen mit Vertretern der islamistischen Muslimbruderschaft. Den Wunsch nach einer Begegnung mit Mursi hatte die neue Führung abgelehnt. Der Ex-Präsident wird an einem unbekannten Ort gefangengehalten. Zuletzt war die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mit Mursi zusammengetroffen.

Westerwelle sagte, Ägypten befinde sich derzeit in einer "entscheidenden Phase" seiner Geschichte. "Wir wollen, dass diese Geschichte eine gute Zukunft für das ägyptische Volk bringt." Dazu sei jedoch erforderlich, "dass alle gesellschaftlichen Kräfte in den Transformationsprozess einbezogen werden und jeder Anschein von selektiver Justiz vermieden werden muss".

Westerwelle vermied jede Festlegung darauf, ob es sich bei dem Umsturz um einen Militärputsch handelte oder nicht. "Das sind die ersten Minuten einer historischen Stunde. Wir werden eine Entwicklung, die im Fluss ist, noch nicht abschließend zum jetzigen Zeitpunkt bewerten."

Ägyptens Außenminister Nabil Fahmi versicherte, in seinem Land werde es "keine Rachejustiz" geben. Wer zu Gewalt aufrufe oder selber gewalttätig geworden sei, müsse jedoch zur Verantwortung gezogen werden. Die jetzige Führung sei zur "Beteiligung aller politischen Kräfte bereit, die keine Straftaten begangen haben." Fahmi fügte hinzu: "Wir arbeiten an einer friedlichen Lösung für sämtliche Probleme. Aber wir werden es nicht hinnehmen, dass unsere nationale Sicherheit bedroht oder beeinträchtigt wird."

Ein Sprecher der salafistischen Al-Nur-Partei sagte der Nachrichtenwebsite "youm7", seine Partei sei gegen europäische Vorschläge für eine Beilegung der Krise.

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