„Verlierer sind Umwelt- und Klimaschutz“

Der Preisverfall beim Öl senkt auch den Energiespar-Druck auf Wirtschaft und Verbraucher. Hier muss gegengesteuert werden, sagt Prof. Uwe Leprich, wissenschaftlicher Leiter des Saarbrücker Instituts für Zukunftsenergiesysteme (Izes) im Gespräch mit SZ-Redakteurin Iris Neu.

Herr Leprich, was hat die Ölpreise zum Einbrechen gebracht?

Leprich: Zwei Faktoren sind dafür verantwortlich: einmal das vermehrte Fracking in den USA, zum anderen eine anhaltende Nachfrageschwäche weltweit.

Hat der Ölpreis-Verfall auch einen Einfluss auf die Nachfrage nach alternativen Energien?

Leprich: Nein, die sehe ich überhaupt nicht gefährdet. Alternative Energien, insbesondere Wind- und Solarenergie, sind sehr kostengünstig geworden. Dieser Zug rollt.

Denken Sie, dass energieeffiziente Investitionen in Immobilien - etwa im Bereich Wärmedämmung und Heizanlagen - auf die lange Bank geschoben werden?

Leprich: Ja, ich glaube schon, dass d er Druck zu diesen Investitionen nachlässt. Zumal es ja auch kritische Stimmen gibt, was etwa die Effizienz einer Wärmedämmung betrifft - die ich im übrigen nicht teile. Das zusammen mit den günstigen Ölpreisen ist für viele ein willkommener Anlass, Investitionen hinauszuschieben.

Welchen Einfluss haben die Ölpreise auf die Automobil-Branche? Wird der Absatz von großen Fahrzeugen wieder steigen?

Leprich: Der Trend ging ja schon in den letzten Jahren wieder zu großen PS-starken Fahrzeugen. Ich denke, das wird sich stabilisieren. Die Hersteller werden den Druck auch nicht mehr so verspüren wie etwa noch 2008, als die Ölpreise auf Rekordhöhe waren.

Muss man angesichts des Trends zum lässigeren Umgang mit Energie gegensteuern?

Leprich: Ja, man muss gegensteuern. Wir können es uns aus Klimaschutz-Gründen nicht erlauben, wieder mehr Verbrauch zuzulassen - weder bei den Pkw noch im Gebäudebereich. Wir haben ja auch Klimaschutzziele: 2020 soll der Treibhausgasausstoß um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 gesunken sein.

Wie soll das geschehen?

Leprich: Das wird man kaum mit staatlicher Förderung erreichen können, sondern eher durch das Ordnungsrecht. Da gibt es ja bereits Ansätze: Wir haben die Energieeinsparverordnung für Gebäude, die weiter verschärft werden muss, um die Standards nach oben zu treiben. Und wir haben Vorschriften für Pkw, CO{-2}-Grenzwerte einzuhalten. Diesen Weg müssen wir natürlich weitergehen.

Ihre Prognose zum gesunkenen Ölpreis : Wer wird am Ende Gewinner, wer Verlierer sein?

Leprich: Verlierer wird zweifellos der Umwelt- und Klimaschutz sein. Gewinner ist die Wirtschaft, besonders die Export-Wirtschaft, da sie kurzfristig eine Kostenreduzierung hat. Das wirkt sich durchaus ein Stück weit auf die Konjunktur aus. Auch die Verbraucher sind kurzfristig Gewinner. Aber das alles sind Effekte, die bald wieder verpuf fen.

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