Peter Lösche: "Politiker zu sein ist mittlerweile ein Job wie jeder andere"

Herr Lösche, ist der personelle Aderlass bei der CDU nur eine Verkettung von Einzelfällen, oder steckt mehr dahinter?Lösche: Es steckt etwas mehr dahinter. Wenn ein paar dieser Nachwuchsleute noch die Hoffnung auf den Einzug in Kanzleramt gehabt hätten, wäre der eine oder andere wohl geblieben. Doch diese Hoffnung ist geschwunden

Herr Lösche, ist der personelle Aderlass bei der CDU nur eine Verkettung von Einzelfällen, oder steckt mehr dahinter?

Lösche: Es steckt etwas mehr dahinter. Wenn ein paar dieser Nachwuchsleute noch die Hoffnung auf den Einzug in Kanzleramt gehabt hätten, wäre der eine oder andere wohl geblieben. Doch diese Hoffnung ist geschwunden. Es sieht so aus, als habe Kanzlerin Angela Merkel ihre Position bestens abgesichert. Deshalb der Wechsel in andere Berufe. Einige der Ministerpräsidenten waren allerdings auch schlicht amtsmüde.

Das heißt, für immer mehr Politiker gibt es auch ein Leben jenseits der Politik?

Lösche: Ganz genau. Da hat sich vieles geändert. Früher wurde man praktisch in eine Partei hinein geboren. Diese Bindungskraft geht immer mehr zurück. Politiker zu sein ist mittlerweile ein Job wie jeder andere. So wird auch der Wechsel zur Normalität.

Ist das gut oder schlecht für die Bürger?

Lösche: Wenn prominente Politiker abwandern, ist das eher schlecht für den Bürger. Denn er identifiziert sich zunehmend mit dem politischen Spitzenpersonal einer Partei und weniger mit der Partei selbst.

Bedeutet das eine weitere Entfremdung von Bürger und Politik?

Lösche: Es kommt auf die Art und Weise des Stabwechsels an. Bei der saarländischen Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer scheint es so zu sein, dass die Nachfolge bestens vorbereitet ist und die Frau die Chance hat, vielleicht auch über das Saarland hinaus bekannt zu werden. Ganz anders verlief der Stabwechsel in Hamburg. Da hat der Rückzug von Ole von Beust tatsächlich wie ein Beitrag zur Politikverdrossenheit gewirkt.

Apropos Hamburg. Kurz nach von Beusts Abgang ist dort das schwarz-grüne Regierungsbündnis auseinander gebrochen. Ein Menetekel für das Saarland?

Lösche: Nein, das glaube ich nicht. Die Koalition aus CDU, FDP und Grünen an der Saar wird halten, weil Müller sein Haus für die Nachfolgerin gut bestellt hat. Kramp-Karrenbauer steht für landespolitische Kontinuität.

Müller will gern als Verfassungsrichter nach Karlsruhe wechseln. Halten Sie das für eine gute Idee?

Lösche: Ich kann nicht genau beurteilen, wie gut Peter Müller als Jurist, als Staatsrechtler ist. Problematisch wäre ein solcher Wechsel allemal. Wenn jemand von der Politik ans Verfassungsgericht wechselt, dann kann er ja nicht einfach seine politischen Überzeugungen ablegen. Das heißt, es wird sehr schnell der Verdacht aufkommen, dass Müller weniger nach juristischen als vielmehr nach politischen Kriterien entscheidet. Sonderlich glücklich ist das nicht.

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