LSVS-Affäre Meiser muss ab Dienstag auf die Anklagebank

Saarbrücken · In der Affäre um den Landessportverband muss sich der Ex-Landtagspräsident vor der Wirtschaftsstrafkammer verantworten.

  Der ehemalige Landtagspräsident Klaus Meiser hat sich inzwischen ganz aus der Politik zurückgezogen. Ausgestanden ist die LSVS-Affäre für ihn aber noch lange nicht. Ab Dienstag steht er vor Gericht.

Der ehemalige Landtagspräsident Klaus Meiser hat sich inzwischen ganz aus der Politik zurückgezogen. Ausgestanden ist die LSVS-Affäre für ihn aber noch lange nicht. Ab Dienstag steht er vor Gericht.

Foto: BeckerBredel

Seit knapp drei Monaten hat er sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Klaus Meiser (64), ehemaliger Landtagspräsident und Ex-Chef des Landessportverbandes Saar (LSVS), legte Anfang Dezember nach massivem Druck aus Politik und Sport auch sein Landtagsmandat für die CDU nieder und sagte: „Ich bin ab sofort Privatmann!“ Ab morgen steht der einst so populäre Christdemokrat, der eine Musterkarriere vom Ortsvorsteher über das Bürgermeisteramt in seiner Heimatgemeinde Quierschied, vom Innenminister und einflussreichen CDU-Fraktionschef im Landtag bis hin zum Landtagspräsidenten, dem protokollarisch ersten Mann im Staat, absolvierte, wieder im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Saarbrücken ist für Ex-Politiker Meiser vorerst bis April zweimal die Woche ein Platz auf der Anklagebank reserviert. Das Gericht unter Vorsitz von Richterin Christiane Schmitt wird einige Hintergründe der millionenschweren Finanzaffäre beim krisengeschüttelten LSVS aufarbeiten müssen.

Meiser wird in seiner Eigenschaft als ehemaliger LSVS-Präsident (von Oktober 2014 bis April 2018) Untreue und Vorteilsgewährung, also ein Korruptionsdelikt, vorgeworfen. Der ebenso akribische wie hartnäckige Oberstaatsanwalt Eckhard Uthe hat ihm bislang sieben Anklageschriften gewidmet. Im Mittelpunkt steht dabei der Vorwurf, Meiser und sein Ex-Präsidium hätten per Beschluss Innenminister Klaus Bouillon (CDU) angeboten, dessen 70. Geburtstag zu Lasten der ohnehin klammen LSVS-Kasse zumindest teilweise zu finanzieren. Bouillon, in dessen Ressort die Rechtsaufsicht über den Sportverband fällt, hat das Angebot abgelehnt und die Zeche in der Mensa der Landessportschule selbst bezahlt.

  Klaus Meiser soll Minister Klaus Bouillon (li.) angeboten haben, dessen Geburtstagsfeier zum Teil aus der LSVS-Kasse zu bezahlen.

Klaus Meiser soll Minister Klaus Bouillon (li.) angeboten haben, dessen Geburtstagsfeier zum Teil aus der LSVS-Kasse zu bezahlen.

Foto: Andreas Schlichter

Neben dem Ex-Parlamentspräsidenten müssen der frühere LSVS-Vize und Ex-Sparkassenpräsident Franz Josef Schumann sowie das frühere Präsidiumsmitglied Karin Nonnweiler auf der Anklagebank Platz nehmen. Im Gegensatz zu anderen Präsidiumsmitgliedern, wie etwa der SPD-Fraktionsvize und DGB-Landeschef Eugen Roth, haben beide abgelehnt, vom Staatsanwalt angebotene Strafbefehle über 90 Tagessätze zu bezahlen. Schumann und Nonnweiler müssen sich – wie auch Meiser – zudem wegen eines weiteren Präsidiumsbeschlusses verantworten. Sie sollen im Sommer 2016 mit den übrigen LSVS-Präsidiumsmitgliedern, gegen die noch ermittelt wird, „pflichtwidrig“ eine Mitarbeiterin in eine höhere Gehaltsgruppe (E12) befördert haben. Pikant: Die Frau, die seitdem monatlich knapp 430 Euro brutto mehr erhält, ist die Lebensgefährtin von Sportfunktionär Udo Genetsch, damals und heute mit Sitz und Stimme im Präsidium. Eine Expertin hatte von der Beförderung ausdrücklich abgeraten.

Auf Uthe wartet zum Prozessauftakt eine immense Fleißarbeit. Der Oberstaatsanwalt muss insgesamt neun, teils sehr umfangreiche Anklageschriften vorlesen. Das dürfte mindestens eine Stunde dauern. Uthe ist aus anderen prominenten Ermittlungsverfahren und Prozessen bekannt dafür, dass er in seinen Anklagen großen Wert auf Details legt. So dürfte es nicht überraschen, wenn etwa im Verfahren gegen Meiser aus Rechnungen, Angeboten, Bewirtungsbelegen oder Speise- und Menüplänen sowie Weinkarten der Konsum konkret aufgelistet wird. Immerhin wird dem Ex-LSVS-Chef in mehreren Anklagen vorgeworfen, etwa zwölf private Essen, bei denen meist Familienangehörige am Tisch gesessen haben sollen, in Saarbrücken, Quierschied und München mit der ihm vom LSVS zur Verfügung gestellten Kreditkarte bezahlt zu haben. Im Klartext lautet der Vorwurf damit Selbstbedienung auf Kosten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Auf den Bewirtungsbelegen sollen zudem falsche Angaben zum Anlass der Essen gemacht worden sein. Einige der betroffenen Restaurants, meist mit italienischer Küche, wurden im Rahmen der Ermittlungen durchsucht, um etwa Reservierungslisten sicherzustellen. Wie es heißt, sollen einige Wirte und Servicekräfte auch auf der Zeugenliste stehen. So wurde vielleicht Meisers Vorliebe für Pasta mit Trüffeln aktenkundig. Ob die Zeugen aus der Gastronomie tatsächlich zum Prozess geladen werden, ist noch offen.

Untreue lautet der Vorwurf gegen Meiser in Zusammenhang mit einer gut bezahlten Nebentätigkeit, die er seiner damaligen Lebensgefährtin Marion S. beim LSVS verschafft haben soll. 30 000 Euro brutto seien in zwei Jahren an die Frau, die im Landtag sein Büro leitete, aus der LSVS-Kasse geflossen. Der Oberstaatsanwalt meint, sie habe dafür tatsächlich kaum etwas getan. Der Name der Landtagsmitarbeiterin taucht wieder in einer weiteren Anklageschrift im Zusammenhang mit der Gratis-Bewirtung von Besuchern des CDU-Ortsverbandes Oberwürzbach in der Mensa der Sportschule (Schaden: 831,55 Euro) auf. Sie war damals Parteivorsitzende in dem St. Ingberter Stadtteil.

Weitere Anklagen betreffen Einladungen auf Kosten des LSVS an die Sportvereinigung Quierschied, deren Vizevorsitzender Meiser war, zu einem Trainingslager (1303,80 Euro) im Juni 2015 und einer Saisoneröffnungsfeier zwei Jahre später. Ort des Geschehens war wiederum die Mensa der Sportschule. Dort wurde zum Abendessen für 2521,40 Euro angeblich Lachs, Garnelen und Spießbraten aufgetischt. Die Ermittler notierten weiter 13 Flaschen Wein, 223 Glas Bier und 60 Flaschen Weizenbier. Ein halbes Jahr nach der Feier bezahlte der Verein 2021,40 Euro. Auch zwei Betriebsausflüge der Belegschaft der Landtagsverwaltung sollen zum Schnäppchenpreis für die „Kameradschaftskasse“ in der Sportlermensa bei reichlich Speis und Trank geendet haben.

Im Zeugenstand vor der Wirtschaftsstrafkammer werden in dem vorerst auf 14 Verhandlungstage terminierten Prozess manche prominente Zeugen aus der Landespolitik und dem Saar-Sport erwartet. Als Zeuge der Anklage ist, wie es heißt, am Donnerstag Ex-Präsidiumsmitglied Eugen Roth geladen. Bouillon soll am Dienstag in einer Woche aussagen. Wann Ex-LSVS-Hauptgeschäftsführer Paul Hans, angeblich ein Kronzeuge der Anklage, aussagen wird, ist noch nicht bekannt.

Dass Meiser sich schon am ersten Prozesstag persönlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern wird, gilt als wenig wahrscheinlich. Das Gericht hat für diesen Tag jedenfalls nur die Verlesung der Anklagen und Einlassungen der drei Angeklagten eingeplant. Meisers Verteidiger, Professor Guido Britz, hat bislang für seinen Mandanten die sieben Anklagen als „unbegründet“ zurückgewiesen. Er rügt zudem die „Salamitaktik“ des Oberstaatsanwaltes, der noch weitere Ermittlungsverfahren in der LSVS-Affäre gegen Meiser und andere führt. Britz will zwischen Gericht, Staatsanwalt und Verteidigern ein so genanntes „Rechtsgespräch“ anregen. Bei solchen Treffen hinter verschlossenen Türen wird in aller Regel über „Deals“ gesprochen. Damit ist die Verständigung auf ein Strafmaß gemeint. Der Prozess könnte so deutlich verkürzt werden. Erschwert wird dies allerdings im jetzt beginnenden Verfahren durch die noch laufenden weiteren Untreue-Ermittlungen. Mit Spannung wird unter anderem das Gutachten eines forensischen Wirtschaftssachverständigen zu den LSVS-Finanzen erwartet. Die Kosten für diese Expertise, die der Oberstaatsanwalt in Auftrag gegeben hat, werden schon auf mehr als eine halbe Million Euro geschätzt.

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