Linke trauert um ihre langjährige Integrationsfigur

Berlin · Niemand hat die PDS und die Linke so lange geführt wie er. Lothar Bisky hat beide Parteien geprägt wie kaum ein anderer. Zuletzt war es um ihn ruhig geworden. Gestern ist er im Alter von 71 Jahren gestorben.

Jahrelang hat Lothar Bisky für seine Partei den Karren aus dem Dreck gezogen, am Ende war es ruhig geworden um den einstigen Parteichef der Linken. Gestern starb der Weggefährte von Fraktionschef Gregor Gysi völlig überraschend. Er hatte zuletzt dem Europaparlament angehört, wo er bis vergangenes Jahr Vorsitzender der Linken-Fraktion war. Vor der Gründung der heutigen Linkspartei war Lothar Bisky die Integrationsfigur der alten PDS schlechthin: Stets im Schatten von Fraktionschef Gysi, sorgte der eher öffentlichkeitsscheue Parteiarbeiter jahrelang für den Zusammenhalt der SED-Nachfolgeorganisation. Die nötige Reputation dafür rührte wohl auch aus seiner DDR-Vergangenheit her. Bisky war zwar SED-Mitglied - doch in seiner Funktion als Rektor der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) galt er als eher unbequemer Genosse. Er wehrte sich gegen politische Maßregelungen von Studenten und Lehrpersonal sowie gegen Dreh- und Aufführungsverbote.

Nach der Wende ging Bisky zunächst als Landespartei- und Fraktionschef der PDS nach Brandenburg. 1993 übernahm er von Gregor Gysi den PDS-Bundesvorsitz, den er dann zunächst bis 2000 innehatte und drei Jahre später erneut übernahm. Nach dem Scheitern der PDS bei der Bundestagswahl 2002 begann der wiedergewählte Parteichef ab Mitte 2003, die Sozialisten aus der Dauerkrise zu holen.

Dem Erfolg bei der Bundestagswahl 2005, als die sich damals gesamtdeutsch formierende Linke 8,7 Prozent holte, folgte bald die größte Niederlage seiner Karriere: Nach der Konstituierung des Bundestages wollte Bisky Vizepräsident des Parlaments werden, scheiterte aber viermal am Widerstand aus den anderen Parteien. Resigniert zog er seine Kandidatur zurück; schließlich wurde Petra Pau für die Linksfraktion Vizepräsidentin des Parlaments. Die Niederlage hat Bisky geschmerzt, doch seinen Umgang mit politischen Gegnern hat das nicht verändert. Er sei kein "Hart-Zugreifer", beschrieb er sich einst selbst.

Als er dann im Jahre 2007 den Vorsitz der offiziell neu gegründeten Linkspartei übernahm, stand Bisky wieder im Schatten - diesmal in dem seines Ko-Vorsitzenden Oskar Lafontaine. Bisky hatte den undankbaren Job, den Unmut der ostdeutschen Parteikreise über die Dominanz Lafontaines in der Öffentlichkeit in den Griff zu bekommen. Schließlich gab er gemeinsam mit Lafontaine den Vorsitz ab, um dem glücklosen Nachfolger-Duo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst Platz zu machen.

Hatte Bisky während seiner Amtszeit an der Spitze der Linken öffentlichen Zwist vermieden, so scheute er später den Konflikt mit Lafontaine keineswegs. In der Schlammschlacht um den Parteivorsitz schlug sich Bisky im vergangenen Jahr offen auf die Seite von Lafontaines Widersacher Dietmar Bartsch. Am Ende wurden weder Bartsch noch Lafontaine gewählt, die Parteispitze übernahmen stattdessen Katja Kipping und Bernd Riexinger. Diese beiden haben inzwischen wenigstens wieder Ruhe in die einst heillos zerstrittene Partei gebracht.

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