Kleines Team ist größte Hilfe für Sri Lanka"SZ-Hilfe ist psychologisch wichtig, und wir brauchen jeden Euro"

Fünf Jahre nach dem Tsunami ist auch die Hilfewelle abgeebbt. Kontinuierliche Aufbauhilfe ist zum Beispiel in Sri Lanka eine Seltenheit. Vor der Flutwelle arbeiteten dort keine 100 Hilfsorganisationen, nach dem 26. Dezember 2004 strömten mehr als 4000 auf die Insel vor Indien, die bei der ungefähren Größe Bayerns knapp 20 Millionen Einwohner zählt

Fünf Jahre nach dem Tsunami ist auch die Hilfewelle abgeebbt. Kontinuierliche Aufbauhilfe ist zum Beispiel in Sri Lanka eine Seltenheit. Vor der Flutwelle arbeiteten dort keine 100 Hilfsorganisationen, nach dem 26. Dezember 2004 strömten mehr als 4000 auf die Insel vor Indien, die bei der ungefähren Größe Bayerns knapp 20 Millionen Einwohner zählt. Doch von allen ausländischen Helfern, die vor dem Tsunami vor Ort waren, ist heute nur noch ein einziger Mitarbeiter im Land: Michael Kreitmeir. Er betreibt seit zehn Jahren im Bergland das Projekt Little Smile, das die Saarbrücker Zeitung fördert.

Große Verantwortung

"Vor fünf Jahren hatten wir gerade die Anfangsprobleme überwunden", sagt der Bayer. "Unser Hauptprojekt war das Kinderdorf, wir hatten 42 Kinder und ich dachte, damit sei ich am Ende meiner Kraft." Dann veränderte der Tsunami sein Leben: aus Dankbarkeit, dass sein Sohn Manuel dem nassen Tod entkam, anders als 31 000 Sri Lanker; aus Pflichtgefühl, weil ein Kinderhaus an der Küste Opfer der Welle wurde; und aus Verantwortung als erfahrener Entwicklungshelfer vor Ort. In verschiedenen Projekten betreut Little Smile heute rund 1000 Menschen, vor allem Witwen und Waisen. "Mittlerweile besteht unser Personal zu gut der Hälfte aus Mitarbeitern, die als Kinder bei uns aufgewachsen sind", sagt der 53-Jährige.

Doch dieser Erfolg fällt nicht leicht. "Die Welt hat viel Geld über das Land ausgegossen mit einem riesigen Zeitdruck der Erwartung, alles müsse sofort geschehen." Das führte zu einer Preis- und Lohnexplosion: "Ich hatte auf einen Schlag viel mehr Verantwortung, aber viel weniger Leute", erinnert sich Kreitmeir. "Von acht fähigen Mitarbeitern habe ich sechs verloren an Organisationen, bei denen sie das Zehnfache verdienten. Manche hatte 150 Millionen Euro auszugeben." Bauarbeiter waren kaum noch zu finden, Ingenieure oder Architekten gar nicht. Durch die anfängliche Sperrzone an der Küste gab es kaum Bauland, Immobilienspekulation verzwanzigfachte die Bodenpreise. Zudem war es schwierig, von den Behörden zügig die Genehmigungen zu bekommen. "Wir haben lieber Großinvestoren abgesagt, als fragwürdige Projekte aus dem Boden zu stampfen", betont der Gründer von Little Smile. Andere Organisationen arbeiteten stattdessen direkt mit den straff organisierten Rebellen in den stark betroffenen Regionen der tamilischen Minderheit im Osten und Norden zusammen. Doch machte sie das für die von der singhalesischen Mehrheit dominierten Regierung der Kollaboration verdächtig. "Nicht-Regierungsorganisation ist nun ein Schimpfwort. Die Regierung reglementiert die NGOs extrem." Internationale Mitarbeiter dürfen nur drei Jahre im Land bleiben, Visa werden nicht verlängert. Kreitmeir, einziger Ausländer in seiner in Sri Lanka gegründeten Organisation, ist die Ausnahme.

Betrug und Zerstörung

Nach Ende des Bürgerkriegs im Mai sei die bittere Lage in den Rebellengebieten sichtbar geworden, sagt er: "Die Masse der Projekte, die da sein müssten, sind nicht aufzufinden. Viele sind nie zustande gekommen, die Spender betrogen worden." Manche Hilfsorganisation antworte: "Die Projekte sind vom Krieg zerstört und wir mussten aus dem Land."

Little Smile hat Zentren auf der ganzen Insel vorzuweisen: Kinderdorf, Schulen, Ausbildungs- und Begegnungsstätten, Naturschutzgebiete - jeweils für alle Volksgruppen und Religionen. Ein neues Krankenhaus in Kalmunai wird am 13. Januar übergeben. "Die Hoffnung, es gehe nach Bürgerkriegsende Sri Lanka schnell besser, hat sich zerschlagen", erklärt Kreitmeir. "Aber wir leben mit Little Smile vor, wie alle Volksgruppen, wie Mann und Frau harmonisch und mit der Natur im Einklang leben können."Herr Kreitmeir, was bringt Ihrer Organisation Little Smile die Unterstützung der Saarbrücker Zeitung?

Kreitmeir: Die Kontinuität über einige Jahre ist für uns zunächst einmal psychologisch unheimlich wichtig, weil wir viele Enttäuschungen erleben. Nach dem Tsunami boten viele ihre Hilfe an, nach fünf Jahren sind uns nur fünf Organisationen geblieben, eine davon ist die Saarbrücker Zeitung.

Aber die ganz großen Summen kommen nicht mehr zusammen.

Kreitmeir: Wir sind keine Millionenorganisation und versuchen, uns über den Export der selbst angebauten Gewürze zu finanzieren. Das gelingt erst zu einem Drittel. Wir können jeden Euro gebrauchen, da ist die Größenordnung der Spenden der SZ-Fluthilfe für uns schon sehr bedeutend. Direkt nach dem Tsunami konnten wir zum Beispiel mit 35 000 Euro von SZ-Lesern vier Mutter-Kind-Häuser bauen und den Witwen, die dort einzogen, eine Ausbildung finanzieren, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können.

Sie sagen, Sie schätzen die Zusammenarbeit mit der Saarbrücker Zeitung besonders. Woran liegt das?

Kreitmeir: Ich bin selbst gelernter Journalist und weiß, wie schnell sich meist der Medientross anderen Themen zuwendet, die SZ bleibt. Mir ist wichtig, Spendern über den Entwicklungsstand zu berichten, das geht über die Zeitung. Und manchmal sind Umwidmungen von Spendengeldern nötig. Das ist mit der SZ möglich, weil sie ihren Lesern den Grund erklären kann. Das könnte eine Massenorganisation nicht jedem Spender einzeln erläutern.

Das SZ-Spendenkonto für Little Smile hat die Kontonummer 2 86 88, Sparkasse Saarbrücken, Bankleitzahl 590 501 01. Stichwort "Fluthilfe". Einen Eindruck der Arbeit gibt die DVD "10 Jahre Abenteuer Menschlichkeit". Sie ist für zehn Euro erhältlich über www.littlesmile.de oder per Post: Little Smile e.V., Am Herzogkeller 21, 85072 Eichstätt.

Hintergrund

Ein Tsunami ist eine gigantische Flutwelle, die durch die Erdbewegung am Meeresgrund bei einem starken Seebeben entsteht.

Das Seebeben am 26. Dezember 2004 entstand vor der Insel Sumatra/Indonesien, wo die Eurasische und die Indisch-Australische Kontinentalplatten der Erdkruste aufeinander prallen. Es erreichte die Stärke 9,0 auf der Richter-Skala.

Die Flutwelle tötete schätzungsweise 220 000 Menschen, davon 130 000 in der indonesischen Provinz Aceh, die dem Epizentrum des Bebens am nächsten lag. Am anderen Ende des Indischen Ozeans in Sri Lanka forderte die Welle noch zirka 31 000 Tote.

Sri Lanka ist eine Insel etwas kleiner als Bayern, liegt 31 Kilometer vor der Südspitze Indiens und hat zirka 20 Millionen Einwohner. 25 Jahre lang herrschte dort ein Bürgerkrieg zwischen der singhalesischen Mehrheit (74 Prozent) und der tamilischen Minderheit (17 Prozent). Dabei starben zirka 75 000 Menschen. Im Mai 2009 gelang es der singhalesischen Regierungsarmee, die Rebellen vernichtend zu schlagen. kni

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