EU-Pläne für Autos Wer zu schnell ist oder getrunken hat, wird ausgebremst

Brüssel · Es ist der wohl größte Schritt der EU auf dem Weg zu mehr Sicherheit auf der Straße: Ab 2022 sollen über 30 Sicherheitssysteme für Autos Pflicht sein.

 Ein Abbiegeassistent erfasst einen Fußgänger im toten Winkel eines Lkw. Die EU will ihn zum Standard machen. Außerdem schreibt Brüssel ab 2022 für alle neuen Pkw 30 Sicherheitssysteme vor.   Foto: Scholz/dpa

Ein Abbiegeassistent erfasst einen Fußgänger im toten Winkel eines Lkw. Die EU will ihn zum Standard machen. Außerdem schreibt Brüssel ab 2022 für alle neuen Pkw 30 Sicherheitssysteme vor. Foto: Scholz/dpa

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Der Fahrer hat getrunken und bekommt postwendend die Quittung: Jeder Versuch, doch mit dem Auto nach Hause zu fahren, scheitert. Der Bordcomputer registriert übermäßigen Alkoholkonsum und verhindert das Anlassen des Motors. Lange haben die Fahrzeugexperten über dieses und andere Sicherheitssysteme in Pkw diskutiert. Nun macht die Europäische Union ernst. Bereits in der Vorwoche einigten sich Unterhändler des EU-Parlamentes und der Mitgliedstaaten darauf, Neufahrzeuge ab Jahrgang 2022 mit einem umfassenden Paket sogenannter Fahrerassistenzsysteme auszustatten.

Auch Tempoverstöße können die Autos von morgen unterbinden. Das so genannte ISA-System (Intelligent Speed Adaption) vergleicht die aktuelle Geschwindigkeit mit digital hinterlegten Karten oder Aufnahmen einer Frontkamera, die Tempolimit-Schilder ablichtet. Sollte der Fahrer zu schnell sein, bekommt er eine Warnung im Display. Reagiert er nicht, drosselt die Bordelektronik die Motorleistung. Weitere Bestandteile des Paketes sind ein Warnsystem für übermüdete oder unaufmerksame Lenker, die zum Beispiel durch das Handy abgelenkt sind.

Hinter dem Armaturenbrett zeichnet ein Mini-Rekorder alle Daten der Fahrt auf, um nach Unfällen Informationen bereitzuhalten. Es ist das gleiche System, das bei den Blackboxes in Flugzeugen zum Einsatz kommt. Bei Lkw sollen Abbiegeassistenten, die Unfälle mit Radfahrern verhindern, zum Standard werden. Teilweise lassen sich die Systeme allerdings auch kurz abschalten – beispielsweise beim Überholen: „Wir haben darauf gedrungen, dass der Fahrer nicht entmündigt wird. Ein Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit wird aus Gründen der Verkehrssicherheit deshalb nur angezeigt. An bestimmten Stellen, wie vor Schulen, schadet es sicherlich nicht, wenn man an das Tempo erinnert wird“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, der dem federführenden Ausschuss des EU-Parlamentes angehört, gegenüber unserer Zeitung.

„Die Führerschaft, die Europa im Rahmen dieses Schritts zur Verbesserung der Sicherheit mittels Technologie in allen Formen von Transportsysteme an den Tag legt, ist begrüßenswert, da Regierungen auf der ganzen Welt mit ernsthaften Verletzungen und Todesfällen durch Unfälle auf der Straße zu kämpfen haben“, sagte Ken Kroeger, Geschäftsführer des kanadischen IT-Unternehmens Seeing machines (sehende Maschinen), das sich auf Computervisionen im Transportbereich spezialisiert hat. Tatsächlich versteht die Brüsseler EU-Kommission ihre Initiative als ersten Schritt auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto – und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. 2017 kamen in den Mitgliedstaaten rund 25 300 Menschen bei Unfällen auf der Straße ums Leben. In 90 Prozent der Fälle, so betont die Behörde, war menschliches Versagen der Auslöser.

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