Eklat im Ausschuss

Berlin · Es sollte die Stunde der Wahrheit werden: der Auftritt des SPD-Abgeordneten Hartmann im Edathy-Ausschuss. Hat er Edathy über Kinderporno-Ermittlungen informiert und bei der ersten Aussage gelogen? Doch Hartmann schweigt.

Die wenigen Sätze, die Michael Hartmann dann doch sagt, sagt er anfänglich mit leicht zittriger Stimme. Der Wichtigste ist: "Ich berufe mich auf mein Zeugnisverweigerungsrecht." Und weil der SPD-Abgeordnete das tut, stützt er zwischendurch seinen Kopf auf seine Faust. Wie einer, der nur unbeteiligt dabei ist statt mittendrin, der nur beiläufig zuhört. Hartmanns Anwalt Stephan König neben ihm führt stattdessen die Scharmützel mit den Abgeordneten des Edathy-Untersuchungsausschusses. Es kommt zu einem denkwürdigen Schauspiel im großen Anhörungssaal 3.101 des Bundestages.

Um 15.38 hat Hartmann den Untersuchungsausschuss in Schockstarre versetzt, vielleicht sogar den klinischen Tod eingeleitet. Sollte der Tag doch eigentlich im Zeichen der Aufklärung von Widersprüchen stehen. Doch um diese Zeit wird der Vorsitzenden des Gremiums, der SPD-Frau Eva Högl, ein Fax gereicht. Darauf steht handschriftlich: "Eilt! Bitte sofort vorlegen!" Es ist ein Schreiben von Hartmanns Anwalt, durch das alle Hoffnungen begraben werden müssen, dass endlich klarer wird, wer die Wahrheit gesagt hat - Edathy oder Hartmann. Edathy hatte behauptet, Hartmann sei sein Informant zu den Kinderporno-Ermittlungen gewesen. Der wiederum habe seine Informationen vom Ex-BKA-Präsidenten Jörg Ziercke erhalten.

Diese vor einer Woche von Zeugen bestätigte Version stützt zuvor im Ausschuss auch Edathys Anwalt Christian Noll bei seiner Befragung. Hartmann aber hat alles abgestritten. Hartmann werde keine weiteren Äußerungen machen, sondern sich auf ein "umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht" berufen, schreibt sein Anwalt also. Mehrere staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen wegen des Verdachts der Strafvereitelung und des Geheimnisverrats sind inzwischen gegen Hartmann eingeleitet worden, das ist die juristische Begründung. Darüber hinaus habe Hartmann auch keine Chance, zur Sachaufklärung und Wahrheitsfindung beizutragen, "weil tragende Mitglieder des Ausschusses daran gänzlich uninteressiert sind", heißt es in dem Papier. Die Abgeordneten sind empört, sie sprechen von einem "ungeheuerlichen Vorgang". Selbst Hartmanns Genossen gehen auf Distanz. Der Linke Frank Tempel sagt: "Das ist schon Realitätsverlust." Hartmann ignoriere alle anderen Zeugenaussagen und die entstandenen Widersprüche. "Das spricht sehr für Verzweiflung", so Tempel.

Zugute halten muss man dem SPD-Mann, dass er in dem Schreiben versucht, Widersprüche in den Aussagen Edathys offenzulegen. Er lässt seinen Anwalt aus seiner Sicht "erwiesene Unwahrhaftigkeiten" auflisten. Der Anwalt erklärt zum Schluss: Hartmann sei zwar ab der Hausdurchsuchung bei Edathy am 10. Februar 2014 und "offenbar gewordenen Verdunkelungshandlungen" klar gewesen, dass Edathy einen Informanten gehabt habe. "Wer das war, wusste und weiß der Abgeordnete Hartmann nicht. Er war es nicht."

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