Heftiger Schlagabtausch im TV Die „Kleinen“ werden wichtiger

Berlin · Der Umfrage-Vorsprung der Union ist groß, aber hinter der SPD ist das Feld hart umkämpft. Das wissen die kleinen Parteien – und geben Gas im TV-Duell.

Sahra Wagen­- knecht, Linke.

Sahra Wagen­- knecht, Linke.

Foto: dpa/Pedersen

Dass FDP und Grüne mal einer Meinung sind, kommt nicht jeden Tag vor. Aber mit Blick auf das TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Martin Schulz hatten die Liberalen und die Ökos den gleichen Gedanken: Ein Duett sei das gewesen, kein Duell, schimpften die insgesamt drei Spitzenkandidaten der beiden Parteien selten einmütig. Verbunden mit der Botschaft an die Wähler: Jetzt kommt‘s auf uns an. Darauf, wer am 24. September den dritten Platz holt – und womöglich mitregiert. 

Wofür sie stehen, das konnten FDP-Chef Christian Lindner und das grüne Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir am Montagabend beim „Dreikampf“ im ZDF und beim „Fünfkampf“ in der ARD dem Fernsehpublikum erklären – rund 24 Stunden, nachdem CDU-Chefin Merkel und SPD-Chef Schulz sich laut vieler Kommentatoren beim Duell ein wenig zu einig waren. Einig waren sich am Montagabend die Beobachter, dass vor allem der „Fünfkampf“ viel spannender und dynamischer war.

Sogar ein Spitzenmann der CDU, die gar nicht dabei war, war angetan: „Das hat mir gefallen, dass da viele Themen angesprochen worden sind“, sagte Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus im ARD-„Morgenmagazin“. Da sei Tempo drin gewesen. Ein FDP-Mitglied twitterte im Anschluss: „Danke, ARD, dass Ihr mit dem Fünfkampf gezeigt habt, dass es noch politische Debatten in Deutschland gibt.“ Sein Parteichef Lindner wollte denn auch in der ARD den als möglichen Außenminister gehandelten Özdemir in Sachen Russlandpolitik in eine Zwickmühle bringen: „Martin Schulz will die amerikanischen Nuklearwaffen aus Deutschland abziehen, obwohl Putin aufrüstet. Wo stehst du?“ Ja, die beiden duzen sich. Özdemir ur-grün: „Ich bin für ein atomwaffenfreies Deutschland und für ein atomwaffenfreies Europa.“ Dafür solle sich die nächste Außenministerin – ja, Ministerin – einsetzen. Özdemirs Gegenfrage nach den verletzten Grenzen der Ukraine und Lindners Haltung zu Putin durfte Lindner nicht beantworten, das sah der Zeitplan nicht vor. Auch sonst ließ das ARD-Format mit Alice Weidel (AfD), Lindner, Özdemir, Sahra Wagenknecht (Linke) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kaum Kabbeleien zu. Anders als der Dreikampf im ZDF, wo Göring-Eckardt und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sich dauernd in den Haaren lagen – weswegen Dietmar Bartsch (Linke) manchmal gar nicht zu Wort kam.

Und die Koalitionsfrage? „Schwarz-Gelb ist ein Riesenproblem. Und eine große Koalition, die macht weiter mit Aussitzen“, sagte Göring-Eckardt. Bleibt also irgendwas mit Grün – angesichts der SPD-Umfrageschwäche Schwarz-Grün oder „Jamaika“ mit Union und FDP. Denn mit der AfD will keiner regieren, auch wenn die Partei derzeit in den Umfragen Aufwind hat. Nach Infratest dimap sieht auch das Institut Insa die AfD mit 10,5 Prozent auf Platz drei hinter Union und SPD. Linke und Union wollen auch nicht miteinander, und für die SPD reicht es derzeit weder mit Grünen und Linken noch mit Grünen und FDP. Die schwarz-grün-gelbe Konstellation halten sowohl Realos als auch Parteilinke bei den Grünen für problematisch. Schwarz-Grün dagegen verkaufen die Parteistrategen zunehmend offensiv als Möglichkeit, Schwarz-Gelb zu verhindern und damit, so das Argument, auch vier Jahre Stillstand beim Umweltschutz. Dass noch ein paar Prozentpünktchen fehlen, das kann sich ja noch ändern.

Ist das realistisch?  „Mit den beiden geht‘s definitiv nicht“, sagte Dobrindt über Göring-Eckardt und Bartsch. Bei linken Grünen wäre manchen die Opposition lieber, als ihrem Realo-Spitzenduo in eine Koalition mit der Union zu folgen. Und der CSU würde im Landtagswahlkampf 2018 eine Koalition mit den Grünen eher nicht helfen. Für Schwarz-Grün bräuchte es diesmal sehr viel Pragmatismus.

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