„Chancen für Schwarz-Grün sind nicht gestiegen“

Saarbrücken/Berlin · Die Grünen wollen sich alle Bündnis-Optionen offen halten. Aber was wird aus Schwarz-Grün nach den jüngsten CDU-Beschlüssen? Darüber sprach die Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mit SZ-Korrespondent Stefan Vetter.

Frau Göring-Eckardt, halten Sie eine schwarz-grüne Bundesregierung nach dem Rechtsruck der CDU noch für realistisch?

Göring-Eckardt: Wahlkampf ist nicht die Zeit für die Suche nach Gemeinsamkeiten. Und dennoch wird nach dem Votum der Wähler eine Koalition Deutschland regieren. Das ist Demokratie: Standpunkte diskutieren und dann Lösungen finden. Aber das gleiche könnte man sich auch im Hinblick auf Rot-Rot-Grün fragen, nachdem Sahra Wagenknecht dem Propagandasender "Russia Today" gerade ein erstes Interview als Spitzenkandidatin gegeben hat. Ich war immer der Meinung, dass Verhandlungen mit der Union sehr schwierig werden, genauso wie mit den Linken.

Die schwarz-grüne Option bleibt also auf dem Tisch?

Göring-Eckardt: Demokratische Parteien müssen grundsätzlich koalitionsfähig sein. Beim Thema Migration hat die CDU das Rad ihrer eigenen Geschichte zurückgedreht. Die Partei hat ihre eigene Kanzlerin hängen lassen, indem man sich gegen den Doppelpass entschied. Das ist auch deshalb so problematisch, weil die CDU sich damit gegen eine offene Gesellschaft ausspricht. Vom Klimaschutz war auf ihrem Parteitag erst gar nicht die Rede.

Soll heißen?

Göring-Eckardt: Die Chancen für Schwarz-Grün sind sicher nicht gestiegen. Diese Option ist schon wegen der CSU schwierig. Nun ist sie auch wegen der CDU mindestens genau so schwierig geworden. Von Union kann bei den Konservativen dieser Tage keine Rede mehr sein. Entscheidend ist aber nach der Wahl: Was ist in welcher Konstellation rechnerisch möglich? Was geht inhaltlich? Nach dem CDU-Parteitag ist jedenfalls klar: Wir Grüne sind die verbliebene Stimme für die offene Gesellschaft, in der Freiheit und Demokratie wirklich gelebt wird.

Umgekehrt gibt es aber auch bei den Grünen Entscheidungen wie etwa der Ruf nach der Vermögensteuer, die einer schwarz-grünen Perspektive zuwiderlaufen.

Göring-Eckardt: Wir machen uns ja nicht hübsch für die eine oder andere Koalition, sondern wir bestimmen unsere eigenen Positionen. Und da sind Steuerfragen nicht im Zentrum. Der Angriff von CSU und CDU richtet sich doch vor allem auf unsere ambitionierten Beschlüsse zum Klimaschutz, zum Kohleausstieg und zur Elektromobilität. Hier sind wir übrigens auch mit der SPD längst nicht ein Herz und eine Seele. Bei der letzten Bundestagswahl waren die Grünen gewissermaßen mit einem rot-grünen Programm an den Start gegangen. Wir werden nicht wieder mit einem Koalitionsprogramm in eine Wahl gehen - weder in die eine, noch in die andere Richtung.

Im Januar sollen die beiden grünen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl feststehen. Auch Sie bewerben sich. Könnten die jüngsten CDU-Beschlüsse Einfluss auf das Basis-Votum haben?

Göring-Eckardt: Ich glaube nicht, dass unsere Mitglieder die Spitzenkandidaten nach bestimmten Koalitionsoptionen aussuchen. Wir wollen eigenständig in den Wahlkampf gehen. Darüber herrscht flügelübergreifend Einigkeit. Das entscheidende Auswahlkriterium wird deshalb auch sein, wer die Partei am besten nach außen hin vertreten kann.

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