Deutschland und Frankreich zwischen Feindschaft und Freundschaft

Saarbrücken. In dieser dritten Kalenderwoche liegen die beiden wichtigsten Daten für das deutsch-französische Verhältnis. Das erste im Jahr 1871 legte den Grundstein für die so genannte Erbfeindschaft; mit dem zweiten im Jahr 1963 wurden neue Saiten aufgezogen, um ein freundschaftliches Verhältnis zwischen beiden Nachbarn zu ermöglichen

Saarbrücken. In dieser dritten Kalenderwoche liegen die beiden wichtigsten Daten für das deutsch-französische Verhältnis. Das erste im Jahr 1871 legte den Grundstein für die so genannte Erbfeindschaft; mit dem zweiten im Jahr 1963 wurden neue Saiten aufgezogen, um ein freundschaftliches Verhältnis zwischen beiden Nachbarn zu ermöglichen.

Mit dem ersten Ereignis ist die Gründung des Deutschen Reiches gemeint, als sich Preußen-König Wilhelm I. am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles zum deutschen Kaiser ausrufen ließ. Dies empfanden die Franzosen angesichts des zu diesem Zeitpunkt bereits verlorenen Kriegs von 1870/71 als schlimme Schmach. Hinzu kam, dass die Region Elsass-Lothringen mit ihren hoch entwickelten Industrien von Deutschland annektiert wurde. Zur Proklamation des Kaisers erschien am 20. Januar auf der ersten Seite der Saarbrücker Zeitung eine 36 Zeilen lange Note von Wilhelm I. "An das deutsche Volk", die mit folgenden Ausführungen begann: "Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen, verkünden hiermit: Nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmüthigen Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des deutschen Reiches die seit mehr denn 60 Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden Wir hiermit, daß Wir es als Pflicht gegen das gesammte Vaterland betrachten, diesem Rufe der verbündeten deutschen Fürsten und freien Städte Folge zu leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. . . "

Der zu dieser Zeit noch an allen Fronten tobende Krieg wird in der Saarbrücker Zeitung mit Meldungen über gewonnene Schlachten beziehungsweise über Terraingewinne begleitet. Zugleich wird das Kriegsgeschehen als gar nicht mal so schrecklich dargestellt. So finden sich beschauliche Zeilen über das Leben der gefangenen Franzosen in Ostpreußen: "Fern vom Lärmen der Stadt, hinter hohen Zäunen, sehen jene Isolierten nichts als Himmel, Schnee und Baracken. Jetzt meistens völlig arbeitslos, sind viele seit der Gefangennahme von Wörth am 6. August zu einem stillbeschaulichen Nichtstuer- und Klosterleben verdammt."

Dass das Leben an der Saar in diesem Winter recht angenehme Seiten hatte, geht aus dem Anzeigenteil hervor. So bot am 21. Januar ein gewisser G.F. Pilgeram aus Malstatt "Täglich frisch gebackene Saar-Fische" feil. Und gleich daneben bedankten sich drei Soldaten für die an der Saar genossene Pflege: "Die unterzeichneten Verwundeten können nicht umhin, vor ihrer Abreise für die Wohlthaten der Saarbrücker Damen, insbesondere der Frau Justizrätin Röchling, der Damen von Ammon und Kallmann, ihren verbindlichen Dank hiermit auszusprechen."

In diese Kalenderwoche fällt auch eines der schlimmsten Verbrechen, die das Saarland je erlebt hat. In der Nacht zum 20. Januar 1969 werden bei einem Überfall auf das Munitionsdepot des Fallschirmjägerbataillons in Lebach fünf Soldaten niedergeschossen, drei von ihnen sind sofort tot, ein vierter stirbt nach wenigen Tagen. Zur Beute des Überfalls heißt es am nächsten Tag in unserer Zeitung: "So viel bisher feststeht, sind außer den drei Gewehren und zwei Pistolen der Wachmannschaft des Munitionsdepots noch etwa 1000 Schuss Gewehrmunition gestohlen worden." Und nun rätselt alle Welt, wer die Mörder, die von einem der angeschossenen Soldaten beschrieben werden können, wohl sein mögen. Vier Monate später werden die beiden Täter im Alter von 26 Jahren sowie ein 24-jähriger Komplize aus Rheinland-Pfalz verhaftet.

Schließlich gab es noch ein Ereignis, das besonders im Saarland mit Freude aufgenommen wurde: Die Unterzeichnung des Elysée-Vertrages vom 22. Januar 1963 in Paris, der darauf hoffen ließ, dass die deutsch-französischen Querelen für alle Zeiten beendet seien. Dazu hieß es in unserer Nummer vom 24. Januar, dass Bundeskanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle mit der feierlichen Unterzeichnung des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit ihr politisches Lebenswerks krönten.

Was sonst noch geschah:

• John F. Kennedy übernimmt am 19. Januar 1961 das Amt des US-Präsidenten von Dwight D. Eisenhower.

• Am 18. Januar 1969 wird erstmals die ZDF-Hitparade mit dem Moderator Dieter Thomas Heck ausgestrahlt.

 Der Lebacher Soldatenmord sorgte 1969 für Schlagzeilen. Hier wird ein Sarg aus dem Wachhaus getragen, in dem die Tat geschah. Foto: SZ

Der Lebacher Soldatenmord sorgte 1969 für Schlagzeilen. Hier wird ein Sarg aus dem Wachhaus getragen, in dem die Tat geschah. Foto: SZ

• Am 19. Januar 1978 rollt der letzte VW-Käfer aus europäischer Fertigung vom Band.

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