Nach Messerattacke in Polizeipräsidium von Paris Frankreichs Innenminister unter Druck

Paris · Nach der Messerattacke mit fünf Toten in Paris werden Rücktrittsforderungen gegen Innenminister Christophe Castaner laut. Hat er Informationen zur Radikalisierung des Angreifers vorenthalten?

 Hat er Informationen zum Messerangreifer von Paris zurückgehalten? Der französische Innenminister Christophe Castaner muss sich erklären, fordert die Opposition.

Hat er Informationen zum Messerangreifer von Paris zurückgehalten? Der französische Innenminister Christophe Castaner muss sich erklären, fordert die Opposition.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

In Frankreich gerät Innenminister Christophe Castaner unter Druck. Nach dem Messerangriff in der Pariser Polizeipräfektur hat er Fehler bei der Erkennung der Radikalisierung des Tatverdächtigen eingeräumt. Ein Mitarbeiter der Polizei hatte vier Kollegen erstochen. Der Täter selbst wurde nach der Tat von einem Beamten erschossen. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass der Angreifer einen radikalislamischen Hintergrund hat.

Es habe offensichtlich Schwachstellen gegeben, sagte Castaner am Sonntag in einem Interview mit dem Fernsehsender TF1. Forderungen nach seinem Rücktritt als Minister wies er zurück. Diese Frage stelle sich nicht, sagte Castaner. Es müsse nun daran gearbeitet werden, wie Radikalisierung besser erkannt werden könne. Es werde zwei umfassende Untersuchungen geben, sagte der französische Premierminister Edouard Philippe. Eine beziehe sich auf die nachrichtendienstliche Abteilung der Pariser Polizei, in welcher der 45-jährige Angreifer jahrelang gearbeitet hatte. Die zweite Untersuchung werde sich über alle Geheimdienste erstrecken, die sich mit Extremismus befassen.

Nach der Messerattacke in Paris hatte es zuerst geheißen, dass der Mann völlig unauffällig gewesen sei. Inzwischen kommen immer mehr Details ans Licht. Der Chefermittler der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft, Jean-François Ricard, erklärte, der Angreifer sei vor rund zehn Jahren zum Islam konvertiert. Außerdem habe er Kontakt zu mutmaßlichen Anhängern der salafistischen Bewegung, einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islams, gehabt. Der Mann habe vor der Tat per Mobiltelefon ausschließlich religiöse Nachrichten mit seiner Ehefrau ausgetauscht. Diese tauche aber nicht in der Datei für islamistische Gefährder auf, sagte Ricard. Unmittelbar vor der Tat habe der Mann zwei Messer gekauft. Seine Bluttat habe nur wenige Minuten gedauert, bis er von einem Polizisten erschossen worden sei. Der Angreifer war nach Angaben des Chefermittlers mit extremer Gewalt vorgegangen. Er hatte seit 2003 als Informatiker bei der Polizei gearbeitet, in einer als sensibel geltenden Abteilung der Polizeibehörde, die sich auch mit geheimdienstlichen Themen und Terrorabwehr befasst. Zunächst hatte es geheißen, das Motiv der Tat könne ein interner Konflikt gewesen sein. Castaner gab in Pressestatements nach der Tat keinen Hinweis darauf, dass der Angreifer sich vor der Tat möglicherweise radikalisiert haben könnte. Erst am Freitagabend hatten die Anti-Terror-Ermittler der Staatsanwaltschaft die Untersuchungen übernommen. Oppositionspolitiker fordern nun einen Untersuchungsausschuss. Ihrer Ansicht nach hielt der Innenminister Informationen über den Täter zurück, als er erklärte, der Mann sei zuvor nicht negativ aufgefallen.

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