Kein Handschlag, aber Annäherung

Washington · Zum historischen Handschlag zwischen US-Präsident Barack Obama und dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani ist es bei der UN-Vollversammlung nicht gekommen. Doch zumindest verbal näherten sie sich an.

Den ganzen Tag über warteten die Teilnehmer der jährlichen UN-Vollversammlung auf die Nachricht über einen historischen Handschlag zwischen dem Präsidenten der Supermacht USA und Hassan Ruhani, dem neuen politischen Führer des Gottesstaats. Am späten Nachmittag sickerte dann aus der US-Delegation durch, die iranische Seite habe zu erkennen gegeben, "es sei zu kompliziert für sie".

Tatsächlich wäre eine persönliche Begegnung mehr gewesen als alles, was zwischen den Führern beider Staaten bisher möglich war. So blieb es bei einer rhetorischen Annäherung vor den Staats- und Regierungschefs, die zur UNO-Jahrestagung an den Hudson-River gekommen waren. Obama sprach am Morgen, Ruhani wollte am Nachmittag das Wort ergreifen. In seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem Plenum begrüßte der US-Präsident die Signale aus Teheran. "Die Hindernisse könnten sich als zu groß erweisen", gab der Friedensnobelpreisträger zu bedenken. "Aber der diplomatische Pfad verdient eine Chance." Er übertrug Außenminister John Kerry die Aufgabe, die Spielräume für eine Lösung des Atomstreits mit Iran im Rahmen der Gespräche auszuloten.

Am Donnerstag wollten sich die Außenminister der fünf Mitglieder des Weltsicherheitsrats und Deutschlands mit dem neuen iranischen Chefdiplomaten Javad Zarif treffen. Der in San Francisco und Denver ausgebildete Zarif verfolgte Obamas Rede im Plenum. "Wir haben eine historische Möglichkeit", twitterte er.

Ruhani wollte sich bei seinem Auftritt vor der Vollversammlung deutlich von dem Spektakel absetzen, das sein antisemitischer Vorgänger Mohamad Ahmadinejad alljährlich veranstaltet hat. Die Amerikaner beabsichtigten, diesmal nicht unter Protest den Raum verlassen, sondern genau hinzuhören, was der neue Regierungschef aus Teheran zu sagen hat.

Obama selbst versuchte seine 50 Minuten langen Ausführungen für eine Standortbestimmung im Nahen Osten zu nutzen. "Wir werden in der Region auf lange Sicht engagiert bleiben", wies er Befürchtungen zurück, die USA könnten sich zurückziehen und ein Vakuum entstehen lassen. Mit Blick auf den Chemiewaffen-Einsatz in Syrien bestand er auf eine robuste UN-Resolution, die das mit Russland erzielte Abkommen über die Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen absichert. "Wenn wir uns darauf nicht verständigen können, dann zeigt das, dass die Vereinten Nationen unfähig sind, die elementarsten Völkerrechtsnormen durchzusetzen." Obama schlug einen überwiegend optimistischen Ton an. Er sieht Chancen, die Einigung über die Chemiewaffen in eine Friedenskonferenz für Syrien münden zu lassen. "Ein dauerhafter Frieden kann nicht mit militärischen Aktionen erreicht werden." Allerdings sei nach dem Verbrechen Bashir al-Assads an seinem Volk auch die Idee einer Rückkehr des Status Quo "eine Fantasievorstellung".

Er warb mit Nachdruck für einen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern, die das Recht hätten, in Sicherheit und einem eigenen Staat zu leben. Vor allem aber nährte Obama Hoffnung auf eine friedliche Beilegung des Atomstreits mit dem Iran. An die neue Führung in Teheran gerichtet, versprach der US-Präsident, deren Willen zu testen. "Versöhnliche Worte müssen von Taten begleitet werden, die transparent und überprüfbar sind."

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