Hohe Zuzahlungen Neues Finanzierungsmodell soll Pflegebedürftige entlasten

Berlin · Pflegebedürftige müssen für einen Heimplatz immer mehr aus eigener Tasche dazuzahlen. Viele fürchten deshalb ein hohes Armutsrisiko. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit legte am Mittwoch ein neues Finanzierungsmodell vor.

 37 Prozent der Heimbewohner sind bereits heute auf Sozialhilfe angewiesen.

37 Prozent der Heimbewohner sind bereits heute auf Sozialhilfe angewiesen.

Foto: dpa-tmn/Markus Scholz

Dadurch könnten Betroffene erheblich entlastet werden.

Rund 3,7 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Etwa jeder Vierte von ihnen wird in einem Pflegeheim betreut. Wegen der steigenden Zahl der zu Pflegenden, aber auch deutlicher Leistungsverbesserungen haben sich die Ausgaben der Pflegeversicherung allein in den letzten vier Jahren von 29 auf 41 Milliarden Euro erhöht. Tendenz weiter steigend. Diesen Kostenschub bekommen auch die Pflegebedürftigen selbst zu spüren, denn die Pflegeversicherung ist nur eine Art Teilkasko. Im ersten Quartal 2019 betrug ihr Eigen­anteil für die Pflegeleistungen laut DAK durchschnittlich 662 Euro im Monat. Hinzu kommen noch die Kosten für die Heimunterbringung und Investitionen. Die regionalen Unterschiede sind allerdings gravierend. In Nordrhein-Westfalen muss ein Pflegebedürftiger einen Eigenanteil in Höhe von 731 Euro leisten. In Baden-Württemberg liegt der Eigenanteil sogar bei 925 Euro im Monat. In Thüringen dagegen sind es nur 274 Euro.

Bedingt durch den Kostenschub sind bereits heute fast 37 Prozent der Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen. Viele Menschen befürchten, dass es ihnen im Alter genauso ergehen könnte. Nach einer DAK-Umfrage rechnen 80 Prozent mit einem Verlust sämtlicher Ersparnisse, falls sie in einem Heim gepflegt werden müssen. „Aktuell verfehlt die Pflegeversicherung ihren Gründungsgedanken, die Menschen vor einem Armutsrisiko zu bewahren“, kritisierte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. Daher brauche es für die Zukunft eine völlig neue Finanzierung der Pflege. Erforderlich sei ein Mischmodell aus Beitragseinnahmen und Steuerzuschüssen.

Gegenwärtig wird die Pflegeversicherung ausschließlich über Beiträge finanziert. Der allgemeine Beitragssatz wurde erst zu Jahresbeginn angehoben und liegt aktuell bei 3,05 Prozent vom Bruttoeinkommen. Kinderlose zahlen 3,3 Prozent. Die DAK schlägt nun konkret vor, die Eigenanteile der Pflegebedürftigen künftig nur noch entsprechend der Lohnentwicklung steigen zu lassen und sie anfänglich im Schnitt von 662 auf 450 Euro abzusenken. Im Gegenzug sollen ab 2021 Steuerzuschüsse fließen, die sich schrittweise auf 18,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2045 erhöhen. Im Jahr 2025 läge der Beitrag nach diesem Modell bei 3,43 Prozent, und der Eigenanteil für die Pflegekosten würde monatlich 482 Euro betragen – also immer noch deutlich weniger als jetzt. Ohne eine Reform der Finanzierung und unter Berücksichtigung weiterer bereits beschlossener Verbesserungen in der Pflege würde dieser Eigenanteil laut DAK dann bereits mehr als das Dreifache ausmachen. Wenn nichts geschehe, treibe man schon Mitte der 2020er Jahre jeden zweiten stationär versorgten Pflegebedürftigen in die Sozialhilfe, warnte Storm.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der Vergangenheit Sympathien für Steuerzuschüsse zur Finanzierung der steigenden Pflegekosten erkennen lassen. Nach Angaben des CDU-Politikers reicht die Beitragsanhebung zu Jahresbeginn nur bis 2022 aus.

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