Wahlprogramm der SPD Die Genossen setzen auf Steuergerechtigkeit

Berlin · SPD will kleinere und mittlere Einkommen entlasten. Reichensteuer soll erst später greifen, dann aber mit 45 Prozent.

Der Ruf nach steuerlichen Entlastungen ist ein politischer Dauerbrenner. Sogar die Linkspartei pocht darauf. Bei der SPD wurde das Thema zuletzt wie ein Betriebsgeheimnis behandelt. Ihr Programmentwurf ist zwar auch schon seit einigen Wochen auf dem Markt. Aber die Steuer- und Abgabenpolitik war darin ausgespart. Bis gestern. „Ein modernes Deutschland braucht auch eine moderne Finanzpolitik“, erklärte Schulz gestern bei der Vorstellung des mit Spannung erwarteten Konzepts. Die Bürger würden derzeit „sehr ungleich belastet“. Deshalb sollen künftig die Top-Verdiener im Land stärker zur Kasse gebeten werden. Für Niedriglöhner sind Beitragsnachlässe geplant. Unter dem Strich winkt die SPD mit Entlastungen von insgesamt 15 Milliarden Euro. Nachfolgend die wichtigsten Punkte im Überblick:

Einkommenssteuer: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift für einen Single heute bei einem zu versteuernden Einkommen von 54 000 Euro. Das verdienen zum Teil schon Facharbeiter. Künftig soll der Spitzensteuersatz erst bei 60 000 Euro wirksam werden. Das entspricht einem Jahresbrutto von etwa 70 500 Euro für Ledige und 141.000 für Verheiratete. Die Entlastungen von geschätzt zwei Milliarden Euro sollen aber komplett gegenfinanziert werden. Und zwar durch eine weitere linear-progressive Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent. Dieser Satz soll bei einem zu versteuernden Einkommen von 76 200 Euro (Singles) beziehungsweise 154 000 Euro (Ehepaare) fällig werden.

Reichensteuer: Derzeit liegt sie bei 45 Prozent und gilt für zu versteuernde Einkommen über 250 000 Euro (Alleinstehende) und 500 000 Euro (Verheiratete). Die SPD will hier drei Prozentpunkte draufschlagen. Das bedeutet: Von jedem verdienten Euro oberhalb der Grenze von 250 000 Euro müsste ein Lediger dann 48 Cent Einkommensteuer abführen statt wie bislang 45 Cent.

Sozialabgaben: Bei der gesetzlichen Krankenversicherung will die SPD zur jeweils hälftigen Beitragsfinanzierung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zurückkehren. Den Beschäftigten bleiben dadurch fünf Milliarden Euro mehr in der Tasche, denn bislang gehen die Zusatzbeiträge allein zu ihren Lasten.

Beitragsnachlässe: Weil Niedrigverdiener kaum oder gar nicht von Steuerentlastungen profitieren, verspricht ihnen die SPD Erleichterungen bei den Sozialbeiträgen. Schon heute ist es so, dass die Beiträge auf monatliche Einkommen zwischen 451 und 850 Euro nur allmählich steigen. Diese Gleitzone soll künftig bis zu einem Verdienst von 1300 Euro gehen. Anders als nach geltendem Recht sollen Betroffene aber trotzdem die vollen Rentensprüche erwerben, wie sie bei nicht reduzierten Beiträgen entstünden. Finanziert werden soll das über zusätzliche Steuerzuschüsse an die Rentenkasse.

Soli-Zuschlag: Der Solidaritätszuschlag soll ab 2020 für untere und mittlere Einkommen entfallen. Allein das wäre eine Entlastung von zehn Milliarden Euro. Dazu sollen die Freigrenzen steigen, ab denen der Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuerschuld erhoben wird. Für einen Single liegt die Freigrenze zurzeit bei 972 Euro (Ehepaare: 1944 Euro).

Erbschaftssteuer: „Sehr große Erbschaften“ will die SPD höher besteuern. Dazu soll es weniger Ausnahmen geben. Auf eine Wiedereinführung der Vermögensteuer will die Partei verzichten. Man möchte es sich wohl nicht mit der mittelständischen Wirtschaft verscherzen.

„Wir haben solide gerechnet und versprechen nichts, was wir nicht halten können“, sagte Schulz. Am Sonntag will die SPD ihr Programm auf einem Sonderparteitag in Dortmund verabschieden.

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