Interview „Er wird mir als verlässlicher Freund in Erinnerung bleiben“

Berlin · Bernhard Vogel, langjähriger Weggefährte Helmut Kohls, über das Vermächtnis des Altkanzlers und die Aufarbeitung seiner Ära.

 Im August 1986: Kanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Bernhard Vogel.  Foto: dpa

Im August 1986: Kanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Bernhard Vogel. Foto: dpa

Foto: dpa/Frank Kleefeldt

Bernhard Vogel (84), früherer Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen und Vorstandsmitglied der Konrad-Adenauer-Stiftung, ist über 60 Jahre mit Helmut Kohl befreundet gewesen. Ihn bewegt nun die Frage nach der Würdigung von Kohls Lebenswerk.

Herr Vogel, kann der Nachlass von Helmut Kohl eine Familienangelegenheit sein?

VOGEL Natürlich auch. Aber bei einer Person der Zeitgeschichte wie Helmut Kohl ist das Trauern und die Aufarbeitung seiner Lebensleistung auch Aufgabe der Öffentlichkeit.

Was muss dann mit dem Nachlass passieren?

VOGEL Ähnlich wie bei den Kanzlern Adenauer, Brandt und kürzlich Schmidt liegt es nahe, dass früher oder später eine Stiftung errichtet wird.

Haben Sie Kontakt mit Kohls Frau, Maike Kohl-Richter?

VOGEL In letzter Zeit nicht mehr. Ich bewundere, wie lange und hingebungsvoll sie Helmut Kohl gepflegt hat.

Haben Sie denn mit dem Altkanzler mal über die Nachlassfrage geredet?

VOGEL Ganz früher habe ich mal mit ihm darüber gesprochen, aber nicht mehr in der Zeit seiner Krankheit.

Und wie hat Kohl die Sache gesehen?

VOGEL Kohl wusste, wie umfassend sich die Konrad-Adenauer-Stiftung des Nachlasses wichtiger Politiker annimmt. Für die langfristige, wissenschaftliche Befassung mit ihnen haben Aufzeichnungen und Akten natürlich eine erhebliche Bedeutung.

Könnte sich das Bild von Kohl dann noch einmal verändern?

VOGEL Bei den Nachrufen der letzten Tage kann man erfreut feststellen, dass bei allen unterschiedlichen Betrachtungsweisen in zwei Dingen Übereinstimmung besteht: Kohl hat ganz wesentlich zur Festigung und Ausweitung der Europäischen Union beigetragen. Und er ist ganz wesentlich dafür verantwortlich, dass aus der friedlichen Revolution in der DDR im Herbst 1989 ein Jahr später die Wiedervereinigung Deutschlands wurde. Die mit viel Aufmerksamkeit verfolgte Spendenaffäre dagegen wird sich zwar als bedauerliche, aber für das Bild von Helmut Kohl doch nur nebensächliche Petitesse erweisen.

Wie werden Sie Kohl persönlich in Erinnerung behalten?

VOGEL Als einen verlässlichen Freund, mit dem ich weit über 60 Jahre eng verbunden gewesen bin. Ich habe Kohl ja schon 1954 als Student in Heidelberg kennengelernt.

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