Die Fußwaschungen des Franziskus

Rom · In der Osterwoche ist der Papst noch mehr als sonst im Jahr gefordert. Der 78-Jährige zelebriert gleich sieben Gottesdienste. Dabei setzt er – wieder einmal – überraschende Schwerpunkte.

Man sollte meinen, dass das Fest der Auferstehung Jesu Christi in zwei Jahrtausenden feste Formen angenommen hat. Das ist einerseits auch der Fall. Doch seit Papst Franziskus vor zwei Jahren sein Amt angetreten hat, haben sich auch die Osterfeierlichkeiten in der katholischen Kirche verändert. Natürlich feiert auch Franziskus Leiden, Tod und Auferstehung Christi und damit den Höhepunkt des Kirchenjahrs. Doch der Teufel steckt im Detail.

Der 78-jährige Franziskus zelebriert in der Osterwoche sieben Gottesdienste . Wegen dieser Fülle entfallen die frühmorgendlichen Messen im Gästehaus Santa Marta. Nach der Palmsonntagsmesse vor einigen Tagen auf dem Petersplatz ist Franziskus ab Donnerstagabend vom sogenannten Triduum Sacrum, den drei heiligen Tagen, gefordert. Was für Außenstehende wie ein Routineprogramm wirkt, hat es kirchenpolitisch in sich. Franziskus ist ein umstrittener Reformer, das wird besonders am Gründonnerstag, dem Tag des letzten Abendmahls, sichtbar. Er gilt als Tag der Einsetzung der Eucharistie und der Weihung der Apostel durch den Heiland, der seinen Jüngern bei dieser Gelegenheit die Füße gewaschen haben soll.

Traditionell waschen deshalb die Päpste an diesem Tag zwölf geweihten Männern, also katholischen Priestern, die Füße. Das war auch noch unter Benedikt XVI . der Fall. Franziskus brach mit dieser Tradition, als er im ersten Amtsjahr in einem römischen Gefängnis zwölf Inhaftierten die Füße wusch. Unter ihnen waren zwei Frauen, eine von beiden eine serbische Muslimin. Im Vorjahr begab sich Franziskus zur Fußwaschung unter behinderte Menschen. Diesmal hat er sich bei Inhaftierten im Stadtgefängnis Rebibbia angemeldet.

Die Kirche lebt von ihrer Symbolik. Es ist deshalb nicht zu unterschätzen, wenn diese verändert wird. Für strenge Katholiken sind die Fußwaschungen des Franziskus ein Tabubruch erster Ordnung. In ihren Augen setzt sich der Papst mit seinen Gesten über die traditionelle Osterliturgie hinweg, wenn er vor Gefangenen, Frauen und Andersgläubigen niederkniet. Franziskus hingegen will ganz bewusst Zeichen setzen. Bereits am Palmsonntag stellte er die Bedeutung von Demut und Dienst in den Vordergrund. Die Geste der Fußwaschung im Gefängnis, die Jorge Mario Bergoglio bereits als Erzbischof von Buenos Aires pflegte, soll Symbol göttlicher Barmherzigkeit sein. Die Kirche muss laut Franziskus an die Ränder gehen und nicht um sich selbst kreisen.

Für die Kirche kommt die Geste einem Umschwung gleich, den Franziskus auch in anderen Gebieten verwirklichen will. Seiner Forderung nach einer gewissen "authentischen Lehrautorität" der Bischofskonferenzen stehen dabei jüngste Äußerungen von Gerhard Ludwig Müller , dem Präfekten der Glaubenskongregation, gegenüber. In einem Interview mit der Zeitschrift "Famille Chrétienne" stufte Müller die Idee, die Ortskirchen über einzelne Aspekte beim Thema Ehe und Familie entscheiden zu lassen, als "absolut antikatholisch" ein. Dieser Papst polarisiert.

Am Karfreitag steht Franziskus im Petersdom einer stillen Feier vom Leiden und Sterben Christi vor, am Abend kommt er zum Kreuzweg, der traditionell am Kolosseum stattfindet. In den vom emeritierten Bischof von Novara, Renato Corti, verfassten Meditationstexten wird ein Gebet für sexuell missbrauchte Kinder enthalten sein, auch sollen die Themen Folter, Todesstrafe, Menschenhandel und Kindersoldaten angesprochen werden. Franziskus-Kritiker reiben sich an Corti, weil er als Gegner der alten, tridentinischen Messe gilt, die konservativen Katholiken sehr am Herzen liegt.

Bleibt zumindest am Ostersonntag auf dem Petersplatz alles beim Alten? Nicht ganz. Während seine Vorgänger den Segen "Urbi et Orbi" in mehreren Sprachen erteilten, spricht ihn Franziskus nur auf Italienisch. Dieser Papst hat seine ganz eigenen Vorstellungen, auch an Ostern .

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